Bis zur Bundestagswahl am 24. September 2017 werde ich an dieser Stelle im wöchentlichen Rhythmus die Wertewelten der amtierenden Bundeskanzlerin und ihres Herausforderers darstellen. Im Unterschied zu Vergleichen programmatischer Aussagen, die sich im Nachhinein oft als Wahlversprechen entpuppen, die nach der Wahl nicht gehalten werden können oder bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt umgesetzt werden, sind hier Resonanzen der Öffentlichkeit auf Politiker in Aktion zu sehen. Diese Informationen können wertvolle Ergänzung zu programmatischen Aussagen sein und darüber hinaus auch Anhaltspunkte zu dem zukünftigen Verhalten der Kandidaten an der Macht innerhalb tagespolitischer Entscheidungssituationen und Krisen liefern.
KW | Wertememe | WMem-Gruppen | Kurzkommentar |
27 | Es zeigt sich hier ein scharfer Kontrast zu den beiden Bewerbern. Während die amtierende Bundeskanzlerin in ein überbordend starkes System oranger Werte einbezogen ist, zeigt sich für den SPD-Kandidaten Schulz ein sehr starkes Blau, das eine Wertsetzung darstellt, die einen Wertewandel für die deutsche Gesellschaft bedeutet. Die dahinter stehenden Grundhaltungen können als „weiter so Deutschland“ für Merkel und „es gibt nur den Weg der Wahrheit“ für Schulz charakterisiert werden. Der Rückgriff auf Blau bedeutet eine Reorganisation der Gesellschaft, die auf Ordnungsstrukturen baut und eine konservative Grundströmung hat. Es deutet sich hierin eine innerparteiliche Abkehr von Kerninhalten sozialdemokratischer Politik an, wie sie durch Grün repräsentiert werden. Entsprechend schwach ist – auch im Vergleich zu Angela Merkel – Grün ausgeprägt. Zu der Rückbesinnung der SPD-Welt gehört neben dem Rückzug auf Blau auch eine Stärkung von Rot, das von starken Einzelpersonen getragen wird und kreative Potentiale freisetzt.
Für den Vergleich der beiden Wertewelten ist ein weiterer Unterschied wesentlich: Offensichtlich ist es der SPD – vielleicht auf Grund ihrer langen Geschichte als „sozialistische Partei“ – möglich, Potentiale im Wertesystem Gelb zu aktivieren und damit wertvolle Unterstützung auf spiritueller Ebene zu erhalten. Für beide Kandidaten gilt, dass sie in geringem Umfang auch magisch-animistische Potentiale im WMem Purpur aktivieren können. Diese Fähigkeit ist vor allem für die Motivation von Wahlhelfern vor Ort nützlich. In einer weiteren Grafik sind die WMeme als Gruppen der Ich-bezogenen und der Wir-bezogenen WMeme dargestellt. Hier ist ebenfalls eine deutliche Polarisation zwischen den konkurrierenden Parteien zu sehen. Während im Bezug auf die Kanzlerin vor allem Ich-bezogene Wertesysteme aktiv sind, zeigen sich für den SPD-Kandidaten in gleichem Umfang Wir-bezogene WMeme. Hierbei ist zu beachten, dass sowohl Blau wie auch Grün Wir-bezogene Wertesysteme sind. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es sich hier um eine Momentaufnahme handelt, die durch die folgenden Wochenergebnisse revidiert werden kann. |
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28 | In der 28. KW ergibt sich für die Kandidatin und ihren Herausforderer ein wesentlich ähnlicheres Bild, als in der Woche zuvor. Es ist nicht auszuschließen, dass der große Unterschied bezüglich Orange auf Fehlern bei der Datenbasis beruhte. Die in Orange zum Ausdruck kommende Zuversicht auf Erfolg ist auf beiden Seiten gleich stark ausgeprägt. Die bereits in der Vorwoche festgestellte Tendenz zu Grün bei der Kanzlerin und zu Blau bei dem SPD-Kandidaten wird hier bestätigt. Die diesbezügliche Feststellung, dass sich hierin ein Rückgriff auf traditionelle Ordnungsstrukturen andeutet, worin eine konservative Grundhaltung zum Ausdruck kommt, kann hier nur wiederholt werden. Auf der anderen Seite bedeutet das bezüglich der Kanzlerin im Verhältnis zu Blau starke Grün keineswegs einen Rollentausch mit dem SPD-Kandidaten. Einen erheblichen Anteil an diesem Grün werden die Bemühungen haben, die programmatische Lücke zur bayrischen Schwesterpartei zu kitten und die innerparteilichen Strömungen im bürgerlichen Lager zusammenzuhalten, um ein Abdriften zur AfD zu verhindern. Zu der Rückbesinnung der SPD-Welt gehört neben dem Rückzug auf Blau auch eine Stärkung von Rot, das von starken Einzelpersonen getragen wird und kreative Potentiale freisetzt.
Für den Vergleich der beiden Wertewelten ist ein weiterer Unterschied wesentlich: Offensichtlich ist es der SPD – vielleicht auf Grund ihrer langen Geschichte als „sozialistische Partei“ – möglich, Potentiale in den Wertesystemen Gelb und – wie sich nun zeigt – auch in Türkis zu aktivieren und damit wertvolle Unterstützung auf spiritueller Ebene zu erhalten. Für beide Kandidaten gilt, dass sie in geringem Umfang auch magisch-animistische Potentiale im WMem Purpur aktivieren können – in der vergangenen Woche bei der Kanzlerin stärker als bei Schulz. Diese Fähigkeit ist vor allem für die Motivation von Wahlhelfern vor Ort nützlich. In der nebenstehenden Grafik sind die WMeme als Gruppen der Ich-bezogenen und der Wir-bezogenen WMeme dargestellt. Hier ist nun nahezu ein Gleichstand zwischen den Kandidaten zu sehen. Der starke Überhang der Ich-bezogenen Wertesysteme zeigt deutlich, dass der Wahlkampf über Personen und kaum über Inhalte geführt wird. Hierin ändern auch die Beteuerungen von Martin Schulz nichts, er wolle Punkt für Punkt am Wahlprogramm der SPD belegen, dass sie die bessere Alternative zur CDU sei. Abschließend ist auch in dieser Ausgabe darauf hinzuweisen, dass es sich hier um eine Momentaufnahme handelt, die durch die folgenden Wochenergebnisse revidiert werden kann. |
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29 | Die Datenerhebung wurde bezüglich der zeitlichen Eingrenzung und der Zuverlässigkeit der Quellen weiter verbessert. Gegenüber der Vorwoche zeigt sich ein größerer Anteil von Blau und Grün gegenüber Orange. Das Kräfteverhältnis zwischen Blau und Grün hat sich im Bezug auf die Kanzlerin angeglichen, im Bezug auf den SPD-Kandidaten hat sich das Übergewicht von Blau verringert und nahezu ein Gleichgewicht hergestellt. | ||
30 | Gegenüber der Vorwoche zeigt sich eine Ausdifferenzierung der von den Wahlkämpfern aktivierten Wertewelten. Während das global dominierende Orange bei in der Wertewelt der Kanzlerin nahezu unverändert blieb, hat es sich bei dem Herausforderer Schulz deutlich verstärkt. Diese Veränderungen wirkten sich beim SPD-Kandidaten vor allem auf eine Schwächung des WMems Blau aus, die zu einer Verlagerung der Gewichtung von Blau zu Grün führte, so dass nun auch im Verhältnis Blau zu Grün ein Gleichklang mit der CDU-Kandidatin besteht. Jedoch ist die Gewichtung von Blau und Grün bei der Kanzlerin deutlich höher als bei ihrem Herausforderer.
Insgesamt zeigt sich in der Zusammenfassung der WMeme nach deren individueller und kollektiver Ausrichtung nach wie vor ein starkes Übergewicht der individuellen Kräfte, wobei Orange das bestimmende Wertesystem ist. Auch hier tritt die wesentlich stärkere Ausrichtung der CDU-affinen Wertewelt auf kollektive Werte gegenüber der traditionell bei der SPD verorteten grünen Klientel hervor. In diesem Zusammenhang weise ich nochmals auf die besondere Parteienkonstellation der C-Parteien hin, die bereits parteiintern starke grüne Anteile generiert, die nur scheinbar dem Relativismus von Grün geschuldet sind und hier nicht eleminiert werden können. |
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31 | Die aktuelle Situation der Wertewelten zeigt einen weitgehenden Gleichstand der von den Kandidaten aktivierten Wertememe an. Dieses gilt in besonderem Maße für Orange und mit Nuancen auch für die schwächeren Wertesysteme. Dabei zeigt sich in der Wertewelt des Martin Schulz erneut der Hang zu Blau zu Lasten von Grün. Dabei dürfte die traditionellen Unterstützer-Strukturen wie Gewerkschaften, Sozialverbände und Wohlfahrtsorganisationen eine Rolle spielen. Bezüglich der Kanzlerin zeigen sich nun auch bei Türkis Ansätze einer Beeinflussung aus der zweiten Ordnung des WMem-Systems.
In der Zusammenfassung der WMeme nach individuell und sozial ausgerichteten Wertesystemen zeigt sich nun ein totaler Gleichstand der Kandidaten in ihrem geistigen Umfeld. Darin deutet sich an, dass eine Abkehr von der bisher in der großen Koalition betriebenen Politik kaum zu erwarten ist. |
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32 | In der vergangenen Woche hat wieder eine stärkere Differenzierung der Wertewelten von Kanzlerin und Herausforderer stattgefunden. Die Ursache hierfür ist die Kanzlerin, die ein wesentlich schwächeres Orange auf ihrer Seite hat und ein wesentlich stärkeres Blau als Martin Schulz. Die Wertewelt von ihm stellt sich nun stabil dar, wobei das starke Orange den von ihm ausgestrahlten Zweckoptimismus hinsichtlich des Wahlausgangs widerspiegelt und das schwache Grün eine schwache Einbindung der SPD in seinen Wahlkampf vermuten lässt. Für die Bundeskanzlerin ist eine Sonderstellung im Wahlkampf entstanden, die sich durch den Supergau der Autoindustrie und die internationale Großwetterlage als Stolpersteine in den Weg gelegt haben und nur eine verminderte Aufmerksamkeit für andere Themenfelder ermöglichte.
In der nebenstehenden Übersicht zeigt sich auch in der Zusammenfassung der individuell und kollektiv orientierten Wertesysteme ein wesentlich stärkeres Gewicht individueller Werte in der Welt von Martin Schulz gegenüber der Kanzlerin. |
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33 | Gegenüber der Vorwoche ist das Wertebild für den SPD-Kandidaten unverändert geblieben. Ihm gegenüber hat sich jedoch die Situation der Kanzlerin deutlich verändert. Sie hat in Orange kräftig zugelegt und hat in diesem Wertemem den Herausforderer geringfügig überholt. Die damit zusammenhängende Verlagerung in der Entwicklungsspirale geht vor allem zu Lasten von Blau, das nun deutlich schwächer ist als bei Martin Schulz. Das ebenfalls geschrumpfte Grün liegt nun auf gleichem Niveau mit dem von Martin Schulz. Alle anderen Wertesysteme spielen keine Rolle.
Ein Blick auf den Zeitverlauf zeigt, dass die Einbindung des SPD-Kandidaten in die Entwicklungsspirale seit drei Wochen konstant ist, wogegen bei Angela Merkel deutliche Schwankungen zu sehen sind, die wahrscheinlich ihrer Doppelrolle als Kanzlerin und Parteikämpferin geschuldet sind. Ein abschließender Blick auf die Zusammenfassung der Wertesysteme nach ihrer individuellen bzw. kollektiven Ausrichtung zeigt, dass hier nur sehr geringe Unterschiede der Kandidaten bestehen. Damit hat sich gegenüber der Vorwoche ebenfalls eine Verschiebung ergeben, die vor allem die Kanzlerin betrifft. |
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34 | In der vergangenen Woche hat sich die Angleichung der Wertewelten von Angela Merkel und Martin Schulz fortgesetzt, so dass nun eine nahezu vollständige Übereinstimmung der Wertesysteme erreicht ist. Soweit es die Grundhaltungen der beiden Kandidaten betrifft ist zumindest ihre Resonanz in der Öffentlichkeit nahezu gleich. Das schließt jedoch keine unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen in einzelnen Themenbereichen aus.
Wenn man den Weg des SPD-Kandidaten vom exponierten EU-Politiker zum Kanzlerkandidaten verfolgt, kann eine große Anpassungsfähigkeit festgestellt werden. Diese zeichnet sowohl Schulz, wie auch die Kanzlerin aus, die „auf zwei Hochzeiten tanzen“ muss. Auch in der Zusammenfassung der WMeme nach dem Kriterium Ich – Wir zeigt sich eine nahezu 100 %-ige Übereinstimmung. |
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35 | Auch in der 35. Kalenderwoche hat sich im Vergleich der Wertewelten beider Kandidaten nur wenig verändert. Daran konnte auch die sogenannte „heiße Phase“ des Wahlkampfs nichts ändern. Ein kleiner Unterschied besteht in dem geringfügig stärker gewordenen Anteil von Blau, der sich gegenüber der Bundeskanzlerin abhebt.
Die nahezu 100%-ige Übereinstimmung der Bilder für die Kandidaten zeigt sich auch bei dem nebenstehend erstmals abgebildeten Vier–Quadranten-Modell nach der Integralen Theorie. Geht man von einer Idealverteilung in diesem Modell aus, so müssten auf jeden Quadranten 25% Anteile entfallen. Im Bild der Kanzlerkandidaten trifft dieses für die rechte Seite des Quadrantensystems – in dem die individuellen und kollektiven Repräsentationen der „objektiven“ Wiklichkeit zu finden sind – nahezu ideal zu. Wegen der eingeschränkten Möglichkeiten der Erhebungsmethode ist eine Differenzierung der rechten Seite in Quadranten nicht möglich und für die hier interessierenden Zwecke auch nicht erforderlich. In der Grafik werden diese Quadranten zur Wahrung des bildlichen Eindrucks in einer 50%-Verteilung dargestellt. Es bestätigt sich in dieser Grafik der tendenziell in der bisher dargestellten Gruppierung der WMeme gewonnene Eindruck, dass es eine weitgehende Zuspitzung auf die Personen Merkel und Schulz gibt, die sich auch in entsprechenden Werthaltungen wiederfindet. Leitend ist hierbei das Wertemem Orange, dass – wie auch hier im Quadranten-Modell nachzuvollziehen ist – im Bild für Deutschland allgemein schwächer zum Tragen kommt. Auf der Ebene von Deutschland als Ganzem überwiegt dagegen die rechte Seite des Quadrantensystems in dem auch die WMeme Rot und Grün eine größere Rolle spielen. Die hier sehr bewusst sehr pauschal dargestellte Situation des Wahlkampfes stimmt mit dem Tenor der Kommentare zum „Kandidatenduell“ überein, das von vier bedeutenden Fernsehanstalten gleichzeitig übertragen wurde. |
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36 und 37 |
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In den Wertewelten der Kanzlerkandidaten hat sich in der 36. und 37. Kalenderwoche praktisch nichts gegenüber der 35. KW verändert. Eine weitere Beobachtung bis zum Wahltermin kann nur noch Langeweile produzieren und deshalb schließe ich diesen Beitrag mit den beiden nebenstehenden Grafiken ab.
Ein Resümee dieser Wahlkampfbeobachtung bestätigt, dass im Wahlkampf nicht nur die Sachprogramme auf eingängige Signale geprägt werden, die den Horoskopen in den Presseerzeugnissen der Yellow-Press nicht unähnlich sind, sondern auch die Sprachsignale mit werthaltigen Aussagen dem Mainstream angepaßt werden, so dass sie auf ihn zurückgespiegelt werden. Dieser Vorgang bewirkt zwangsläufig eine nahezu 100%-ige Übereinstimmung der Kandidaten. Beim Kandidaten der SPD ist dies sehr gut nachzuvollziehen. Als exponierter Europapolitiker stand er zu Beginn seiner bundespolitischen Laufbahn ganz unter dem Einfluss des blauen Wertesystems – Europa stellte für ihn eine idealisierte Idee dar, der Martin Schulz zu dienen gelobt hatte. Im Verlauf weniger Wochen erfolgte ein Austausch der blauen Anteile seiner Wertewelt gegen Orange. In diesen Verhältnissen stellt sich allerdings die Frage, ob ein solcher Wandel glaubwürdig vermittelt werden kann. Die Umfrageergebnisse für Martin Schulz lassen vermuten, dass seine schlechten Wahlaussichten auch im Wandel vom Europapolitiker zum Bundespolitiker zu suchen sind – zumal Europa als politische Idee von weiten Teilen der Deutschen eher kritisch gesehen wird. |