Beige
Das beige Wertemem tauchte etwa 100.000 Jahre vor der christlichen Zeitrechnung auf. Es kennzeichnet im Verlauf der Evolution den Beginn der Noosphäre, der bewussten Schicht der Erde. Das Bewusstsein ist noch kaum entwickelt, die menschlichen Lebensvorgänge laufen weitgehend automatisch ab. Was vor diesem Zustand lag, ist nur spekulativ zu erörtern. Mit dem Erscheinen des beigen Wertemems beginnt der Prozess der menschlichen Entwicklung – zunächst mehr biologisch, dann zunehmend psychisch. Der genetische Unterschied zwischen dem Schimpansen und dem Menschen beträgt etwa 1% und ist ein Hinweis auf diesen Trend der Evolution. Das beige Wertemem ist aber nicht nur als urzeitlicher Zustand der Menschheit aufzufassen. Es begegnet uns sowohl am Beginn des individuellen Menschenlebens als Säugling wie auch an seinem Ende bei der Altersdemenz. Darüber hinaus sind seine Merkmale z. Bsp. bei Kriegsveteranen, Alzheimerkranken, Alkoholikern und Geisteskranken als Regressionszustand zu finden. Auch im Mythos des Edlen Wilden begegnet es uns. Während die Erscheinungsformen des Beige aus der Sicht der heute dominierenden Werthaltungen in arroganter Weise als primitiv und minderwertig abgelehnt werden, kommt es im Mythos des edlen Wilden zur Überbetonung positiver Eigenschaften. Den im Vordergrund stehenden Handlungen zur Sicherung des täglichen Überlebens (Jagd, Nahrung sammeln, primitiver Ackerbau) werden die damit im Zusammenhang stehenden besonderen Fähigkeiten, die beim modernen Menschen verkümmert sind, im Mythos des edlen Wilden gegenüber gestellt. So scheint das beige Wertemem über Intuition in Bezug auf bevorstehende Ereignisse und eine einzigartige Raumwahrnehmung zu verfügen. Zugespitzt ausgedrückt kann jemand, der Zugang zum Beige hat, denken wie eine Forelle, sehen wie ein Hirsch und von dem leben, was die Natur ihm bietet.
In den heutigen globalen Verhältnissen ist Beige überwiegend als regressiver Zustand in Armut geborener, verarmter oder in Kriege verwickelter Menschen zu sehen. Daneben kommt es in einzelnen Nischen überlebender Naturvölker vor. Viele dieser Erscheinungsformen des Beige sind aber in Wahrheit negative Folgen komplexerer Wertememe der Gesellschaft, die Energie und Ressourcen an sich ziehen, so dass sie den verarmenden Menschen fehlen. Als Hauptverantwortliche für diese Entwicklungen sind die Strukturen im weltweit dominierenden orangen Wertemem zu sehen. Clare Graves, der Urvater von Spiral Dynamics hielt dieses in prägnanten Worten fest:
„Von seiner erhabenen Position relativen westlichen Erfolgs und beruflicher Überlegenheit schaut er mit höhnischem Urteil auf den Menschen auf der ersten Ebene herab (Beige). ‚Hätte er nur ein bisschen Köpfchen, würde er sein Leben in die Hand nehmen und sich aus seiner Lage befreien‘, sagt der materialistische (orange) Mensch mit hochmütiger Herablassung. ‚Ich habe es auch geschafft. Sieh mich an. Ich bin ganz allein zu dieser Position gelangt. Wer etwas draufhat, kann das auch schaffen.“ (Clare Graves; zitiert nach Beck und Cowan)
Ein Aufstieg aus Beige innerhalb der Entwicklungsspirale ist schwierig, da es an grundlegenden Lebensbedingungen wie Nahrung, Wasser, Sicherheit und förderlichen Umweltbedingungen mangelt. Deshalb ist zunächst die Bereitstellung und kontrollierte Verteilung dieser Güter erforderlich. Nur so können Kräfte bei den Betroffenen frei gesetzt werden, die sie befähigen, über den täglichen Überlebenskampf hinaus Eigeninitiative zu entwickeln. Ein Ausweg aus der Öde des Beige hin zum Purpur als nächstem Wertemem wird in dem Maße möglich, wie Zeit vorhanden ist, direkte Beobachtungen zu machen und darüber nachzudenken, warum etwas geschieht. Die bandenartigen sozialen Beziehungen unter den Mitgliedern werden durch Konkurrenz um Nahrung, Sexualpartner und Lebensräume zunehmend in Frage gestellt.
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