Die am 06.November in den USA stattfindenden Wahlen zum Repräsentantenhaus stellen in der parlamentarischen Tradition der USA ein Stimmungsbarometer für den amtierenden Präsidenten dar. Dieser Nebenaspekt der Wahl bekommt in der derzeitigen politischen Stimmungslage der USA im Bezug auf Präsident Donald Trump ein besonderes Gewicht. Gegen alle politische Erfahrung hat der derzeitige Präsident der USA seine Wahlkampfpropaganda in sein überraschend gewonnenes Amt mitgenommen und er versucht, seine Ankündigungen aus dem Wahlkampf Punkt für Punkt in administrative Maßnahmen umzusetzen. Hierdurch ist eine Frontstellung zur politischen Opposition entstanden, die auch auf den Straßen sichtbar wird und nur noch einen Minimalkonsens in Fragen der nationalen Sicherheit erkennen läßt. Aus dieser Situation hereaus wird von demokratischen Politikern unverhohlen auf die Absetzung des Präsidenten eingestimmt.
Die Totalität der beschriebenen Situation begründet den Bedarf an rationalen Beurteilungsgrundlagen, die eine Rückführung der emotional aufgeheizten Stimmung auf demokratische Regeln möglich machen. Hierzu möchte ich mit einer internetbasierten Anwendung der in diesem Projekt vorgestellten Methode einen Weg andeuten, auf dem der von allen Präsidenten der USA in der jüngeren Geschichte formulierte Anspruch einer moralischen und politischen Führungsrolle Wirklichkeit werden kann.
In einem ersten Schritt möchte ich die Situation im Vergleich mit Deutschland und anderen europäischen Ländern darstellen und so den Facettenreichtum staatlicher Gebilde beschreiben.
Aus der Grafik ist eine Situation der USA ablesbar, die sich deutlich von Deutschland und der Mehrzahl der europäischen Staaten absetzt. Das für die Industrieländer der westlichen Welt charakteristische Wertesystem ist Orange, flankiert von deutlich ausgeprägten Einflüssen von blauen und grünen Wertesystemen. Die drei Wertesysteme Blau, Orange und Grün repräsentieren die zur Funktion von modernen Staaten erforderlichen Qualitäten der Machtverteilung und Ordnung (Blau), der Entfaltung der Individuen in einer Kultur der Aufklärung und der Entstehung sozialen Wohlergehens mit dem Aufkeimen kollektiven Bewusstseins (Grün). Die Situation einiger wichtiger Staaten in Europa ist für die vier dominierenden Wertesysteme der 1. Ordnung in der folgenden Gallerie zusammengestellt.
Ein Vergleich der USA mit den europäischen Ländern lässt deutliche Unterschiede erkennen. Das beherrschende Muster wird das relativ starke Orange gegenüber deutlich schächerem Blau und Grün gebildet. Lediglich Norwegen und Russland weichen hiervon deutlich ab. Diese Länder nehmen aus wirtschaftlich-geografischen Gründen (Norwegen) bzw. aus historischen und geografischen Gründen (Russland) Sonderstellungen ein. Diese Gründe spiegeln sich in der Betonung eines dem Orange gleichwertigen Grün bzw. eines dominierenden Blau bezüglich Russland wider. Die geringe Bevölkerungsdichte Norwegens in Verbindung mit großen Energiereserven lassen eine breite Streuung des gesellschaftlichen Reichtums zu, wodurch Norwegen auf dem ersten Rang des globalen Entwicklungsindex steht. Hinsichtlich Russland stellen die zum Staatsgebiet gehörenden riesigen asiatischen Landmassen eine geografische Herausforderung dar neben der verzögerten Anbindung an die aufgeklärten Länder Mittel- und Westeuropas.
Das für die USA abgebildete Muster der Wertewelten enthält ein überdimensioniertes Grün, relativ starke Anteile von Rot und Gelb und ein schwaches Orange. Obwohl im Vergleich zu den europäischen Ländern eine starke Beteiligung von Energien der 2. Ordnung zu sehen ist, kann nicht von einer Durchdringung der Entwicklungsspirale mit transzendenten geistigen Energien höherer Ordnung ausgegangen werden. Es kann von einem Entwicklungsstau gesprochen werden, der durch das überdimensionale Wachstum von relativistischem Grün und die geringe Transzendenz der Menschen auf der Handlungsebene zur neuen Weltsicht der zweiten Ordnung in Gelb und Türkis zum Ausdruck kommt. Diesen Übergang bezeichnet Ken Wilber als das Entstehen einer integral-aperspektivischen Bewusstseinsstruktur und er zitiert den Bewusstseinsforscher Jean Gebser: »Keine dieser Mutationen im Bewusstsein läßt frühere Möglichkeiten und Eigenschaften verlorengehen, sondern inkorporiert diese urplötzlich in eine neue Struktur. Innerhalb dieser Bewusstseinsmutationen kommt es zu einem mehr als bloß raumzeitlichen Umarrangieren, einem diskontinuierlichen oder sprunghaften Prozeß. Mit jeder neuen Mutation entfaltet sich das Bewusstsein noch machtvoller…« Auf dieser Bewusstseinsstufe werden alle Widersprüche innerhalb der Handlungsebenen in Beige bis Grün integriert und zu einer dynamischen Entwicklung gebracht. Es handelt sich also um ein holistisches Fortschrittsmodell, das mit den Kräften arbeitet, die auf der Handlungsebene existieren. In der beschriebenen Konstellation besteht die Gefahr der Regression in frühere Wertesysteme wie z. B. Rot, das bereits vergleichsweise stark ausgeprägt ist und auf Grund der liberalen Waffengesetze der USA zu Gewaltdelikten verleitet.
Als Führungsmacht auf globaler Ebene sind die hiervon ausgehenden Einflüsse auf die Wertewelten der USA nicht zu übersehen und für die globale Staatengemeinschaft von großer Bedeutung.
Diese Bedeutung kommt in gravierenden Verschiebungen innerhalb der Wertestrukturen zum Tragen. Das in dem Selbstbild überdimensionierte Grün ist zwar immer noch das stärkste Wertesystem, etwa gleich stark wie Orange, jedoch unter stärkerer Beteiligung von Blau und Türkis. Hierin zeigt sich trotz der eingeleiteten Rückzugsbemühungen der USA der nach wie vor bestehende Verpflechtung mit der Weltgemeinschaft, in der die durch Orange repräsentierten Finanz-, Wirtschafts-, Technik- und Forschungsaktivitäten des Landes unter dem verstärkten Einfluss von Gelb und Türkis eine ausschlaggebende Rolle spielen. Während in dieser Sicht der Einfluss von Blau unverändert und im Verhältnis zu Grün gering ist, wird der Einfluss von Rot auf der internationalen Ebene geringer. Die Kernaussage der beschriebenen Verschiebungen besteht darin, dass zwischen der individuellen Weltsicht der Amerikaner, die im wesentlichen auf das eigene Land beschränkt ist und der Sicht auf die USA als Teil der Weltgemeinschaft große Unterschiede bestehen, die sich in den Wertesystemen Orange und Grün zeigen.
Wie verhält sich nun der derzeitige Präsident und die von ihm vertretene Politik zu den Grundbedingungen des Landes?
Aus der Sicht der Bewohner der USA besteht nahezu Deckungsgleichheit zwischen den Innensichten der Wertewelten von Präsident und Land. Das überdimensionierte Grün ist nahezu gleich stark ausgebildet, Orange und Blau sind etwas schächer, Rot ist gleich geblieben, Beige und Purpur kommen hier zum Vorschein und Gelb ist etwas schwächer. Insgesamt zeigt sich hier die Wirkung des Präsidenten als unorthodoxer politischer Führer, der es in etwas mehr als einem Jahr verstanden hat, einen Gleichklang zwischen sich und seinem Land herzustellen, wobei zunächst offen bleibt, ob sich die Amerikaner mehr ihrem Präsidenten oder der Präsident sich dem Volk mehr angenähert hat. Der in den Grafiken abzulesende Gleichklang enthält auch die Dissonanzen, die sich in vielen öffentlichen Meinungsbekundungen seit Beginn der Amtszeit des Präsidenten Bahn gebrochen haben und als ein Ausdruck des überdimensionierten Grün sind. Aus der in Grün begründeten Exklusivität ist die in den USA zu beobachtende Lagerbildung zwischen Anhängern der Republikaner auf der Seite des Präsidenten und den Anhängern der Demokraten zu erklären. Besonders zu erwähnen ist darüber hinaus der hohe Anteil von Beige, der sich nur in der Wertewelt des Präsidenten zeigt und der einerseits als Ansprache der in Existenznot befindlichen Bevölkerungsteile durch den Präsidenten erklärbar ist, andererseits aber auch als Reaktion auf handels- und wirtschaftspolitische Entscheidungen des Präsidenten (Handelskrieg) zu interpretieren ist. Neben Beige ist auch das im irrationalen Denken verhaftete Purpur zu erwähnen, dass auf neue Methoden politischer Meinungsmache hinweist, die treffend mit dem vom Präsidenten gern benutzten Schlagwort Fake-News umschrieben werden.
In der globalen Sicht auf die Wertewelten des amerikanischen Präsidenten wird die beschriebene Wertestruktur bestätigt. Sie zeigt deutliche Unterschiede zwischen Abb. 2 und 4 und sie bedeuten einen doppelten Blick der Weltgemeinschaft auf die USA, der eine Unschärfe in den Außenbeziehungen der USA darstellt. Hier fehlen die zuvor angemerkten Anteile von Beige, Purpur sowie Rot, Gelb und Türkis in wesentlich geringeren Anteilen, so dass hierin die zuvor erläuterten Hintergründe ihre Bestätigung finden.