Klimapolitik im Januar 2020

BlackRock

Das Jahr 2020 begann für tausende Manager in bedeutenden Wirtschaftsunternehmen weltweit mit einer eher unerwarteten Nachricht: Larry Fink, der Chef der US-amerikanischen Fondsgesellschaft BlackRock – der größten weltweit – und der mächtigste Finanzmanager auf dem Planeten Erde teilte per Brief mit, das Klimarisiko sei auch ein Anlagerisiko und hieraus ergäben sich im Interesse der Anleger von BlackRock Konsequenzen, die sich auch auf die angeschriebenen auswirken könnten. Die von Fink angekündigten Maßnahmen umfassen

  • die Trennung von Anlagen, die ein Nachhaltigkeitsrisiko darstellen. Hierzu gehören zum Beispiel Wertpapiere von Kohleproduzenten, die einen Umsatz von mehr als 25 Prozent aus diesem Produktionszweig erreichen.
  • In seinem Brief droht Fink damit, bei Hauptversammlungen künftig Vorständen und Aufsichtsräten die Zustimmung zu verweigern, wenn ihre Unternehmen bei der Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen und den ihnen zugrundeliegenden Geschäftspraktiken und -plänen keine ausreichenden Fortschritte machen.

Der Brief von Larry Fink hat große öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt – soviel ist gewiß. Es stellt sich jedoch die Frage, wieviel dieses Papier, das wie alles Papier dem Anschein der Wertlosigkeit unterliegt, wirklich wert ist.

Zwar gibt es seitens BlackRock nachvollziehbare Begründungen für diesen Schritt, doch heben diese das Bild des Unternehmens, das bisher von Profitstreben und Ignoranz gegenüber Kritikern aus der Klimabewegung, wie den ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore gekennzeichnet war, nicht aufheben. Es kann also hilfreich sein, die Wertewelten, in denen sich BlackRock und seine Führungspersonen befinden, unter die Lupe zu nehmen.

BlackRock ist der größte Finanzkonzern des Planeten. Er legt das Geld von institutionellen und privaten Investoren möglichst gewinnbringend in Fonds an und vertritt eine Finanzmasse von über 6 Billionen Euro. Das entspricht etwa der doppelten Höhe des US-amerikanischen Staatshaushalts und stellt damit einen Machtfaktor dar, der Einfluss auf über 17 000 Unternehmen weltweit hat, darunter viele Global Player und alle im deutschen DAX vertretenen Unternehmen. Über Stimmrechte bei diesen Unternehmen kann BlackRock die Personalentscheidungen, Firmenstrategien und Kapitalausschüttungen bestimmen oder mitbestimmen. Daneben verwaltet BlackRock das Geld großer Renten- und Pensionsfonds und ist daher auch besonders an der Rentenpolitik der Staaten interessiert. Anders als Banken unterliegt der Finanzriese jedoch nicht den vergleichsweise strengen staatlichen Regelungen, wie sie für diese gelten. Der Firmensitz in New York befindet sich nicht an der Wall Street, sondern in einem Büroviertel neben vielen anderen Firmenzentralen. Bei BlackRock arbeiten über 14 000 Mitarbeiter.

In der bewährten Methodik dieses Projekts werde ich nachfolgend die Wertewelten von BlackRock dokumentieren und kurz kommentieren. Die Erhebungen im Internet erfolgten in englischer Sprache. Die Abfragebegriffe wurden hinsichtlich ihres Symbolgehalts in der Entwicklungsspirale so gewählt, dass eine möglichst eindeutige Repräsentanz erreicht wird. Das gilt insbesondere für den Begriff der „Gemeinschaft“, der im Englischen in vielfältiger Weise ausgedrückt werden kann. Als passendster Begriff hat sich hier der Begriff „fellowship“ ergeben.

Das Gesamtprofil von BlackRock zeigt eine eindeutige Dominanz von Orange, wie sie für große Holons in westlichen Gesellschaften typisch ist. Oberstes Ziel der Entwicklung in den westlich geprägten Gesllschaften ist die Entwicklung individueller Persönlichkeiten, die für ihre Ziele die Instrumente von Wissenschaft und Technik einsetzen können und ihr Handeln in diesem Rahmen begründen müssen. Entscheidungen unter diesen Bedingungen werden durch Mehrheitsentscheide herbeigeführt. Flankiert wird Orange durch etwa gleich starkes Blau und Grün. In diesen Wertesystemen sind kollektive Strukturen maßgebend, in Blau eher traditionelle und konservative Organisationen (Kirche, Staat, Militär, Schützenvereine usw.), in Grün dagegen offenere Strukturen unter Konsensbedingungen, die zu bindenden Beschlüssen führen. Ziele in Grün werden in Diskussionen gefunden, in Blau dagegen durch schriftlich fixierte Regularien vorgegeben. Tradiertes Wissen macht blaue Strukturen zu unentbehrlichen Voraussetzungen für gelingendes Handeln, da die Anwendung erprobter Mittel eine höhere Effektivität bei der Erfüllung von Routineaufgaben gewährleistet. In Diskussionsprozessen gefundene Lösungen haben den Vorteil, Lösungen für Neuentwicklungen zu finden, sie bringen jedoch das Risiko von untauglichen Mitteln und hohem Verbrauch an Ressourcen mit. Grün ist das geeignetste Wertesystem zur Lösung neuer Problemstellungen, wie sie durch die Klimaveränderungen auf die Menschheit zukommen.

In der Gegenüberstellung von gleichgewichtigem Blau und Grün wird die Problematik eines Global Players wie BlackRock deutlich, wo die in den von BlackRock vertretenen individuellen Interessen bezüglich der Erhaltung der Vermögen und dem Schutz der unlösbar damit verbundenen Interessen am Schutz der Gesundheit – die durch die Klimakatastrophen gefährdet werden – aufeinander treffen. In dieser Konstellation kommt es häufig zu gegenseitigen Blockaden von Blau und Grün, die – wie aus vielen Beispielen der Politik bekannt ist – die zu einer Vertagung der Problemlösung führen.

Auffällig ist das relativ starke Rot. Dieses Wertesystem steht für das Recht des Stärkeren. Hier wird angenommen, dass jene, die sich als überlegen erwiesen haben, auch das Recht besitzen – weil sie dazu „auserwählt sind“ –, die Leistungen geringerer Menschen mittels Gewalt nach eigenem Gutdünken zu organisieren. Dieses geschieht in dem Bewusstsein, zu einer auserwählten Elite zu gehören. Die gesellschaftliche Ausrichtung ist auf das Individuum als handelnde Instanz ausgerichtet, so dass die ausgeschlossenen Vielen das Gefühl haben, von der Elite ausgebeutet zu werden. Innerhalb der Elite kommt es zu Rangkämpfen, die ein Klima des Misstrauens entstehen lassen. Eine Folge daraus ist die Abschottung gegen Einblicke von offen agierenden Beobachtern und Aufsichtsbehörden. Im Bezug auf BlackRock sind diese Machtstrukturen in einem Dokumentarfilm, der 2019 vom Fernsehsender ARTE ausgestrahlt wurde, treffend herausgearbeitet worden (online verfügbar auf YouTube).

Der Erfolg der roten Machtstrukturen wird dadurch abgesichert, dass sie Versuchungen für Menschen darstellen, die unter dem Einfluss des ebenfalls individuell agierenden Orange stehen. Da die westliche Kultur durch Orange dominiert wird und insbesondere die Führer der Wirtschaft und der Politik beherrscht, ist es für Menschen unter Rot nicht schwer, Einfluss auf demokratische Entscheidungen zu nehmen. Hierfür bietet BlackRock ebenfalls ein prägnantes Beispiel, das auf Grund der aktuellen Ereignisse in Frankreich durch folgendes Zitat von der Webseite voltairenet.org dokumentiert wird: „Am 25. Oktober 2017 privatisiert Präsident Emmanuel Macron den Kabinettssaal, um ein Seminar führender Spekulanten zu veranstalten, darunter Laurence Fink, der Chef von BlackRock. Er wurde von einem seiner Mitarbeiter, dem ehemaligen Schatzkanzler, Baron George Osborne, begleitet. Edouard Philippe (Premierminister), Muriel Pénicaud (Arbeit), Bruno Lemaire (Wirtschaft und Finanz), Elisabeth Borne (Verkehr) und Benjamin Griveaux (Staatssekretär von Bruno Lemaire) halten diesem fachkundigen Gremium Vorträge.

Während dieses Treffens erklärten Emmanuel Macron und Bruno Lemaire ihren Gesprächspartnern ihren Plan, die Ersparnisse der Franzosen zu finanzialisieren: die Renten zu reformieren, indem sie das System der Solidarität zwischen den Generationen durch ein Kapitalisierungssystem ersetzen. Dafür haben sie gerade einen alten Politiker (damals 70 Jahre), Jean-Paul Delevoye, ausgewählt und ihn zum Hohen Kommissar für die Rentenreform ernannt. Er ist ein langjähriger Freund von Jean-François Cirelli, dem Chef von BlackRock in Frankreich. Sie enthüllten auch, dass sie einen diskreten Abschnitt, der eine „bessere Zugänglichkeit von Altersersparnissen“ ermöglicht, d. h. Zugang für die Reichsten zu einem kapitalgedeckten Ruhestand, in das Wachstum und Unternehmensumwandlungs- Gesetz einführen wollen, bekannt als das PACTE-Gesetz.“

Die Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtet in ihrer Ausgabe 05/2020 es gebe „Klimaforscher, die den neuen Tönen aus dem Hause BlackRock enorme Bedeutung beimessen. Zum Beispiel Experten des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung“. Diese haben demnach schon länger sogenannte positive Kippmechanismen identifiziert, mit denen der Klimawandel in letzter Minute doch noch aufgehalten werden könnte. Hierzu gehöre auch die Abkehr von Investitionen in fossile Energieträger und die entsprechenden Branchen. Sie nennen diese Strategie divestment und plädieren damit für ethisch ausgerichtete Unternehmensentscheidungen. Auf Grund seiner Finanzmacht könnte BlackRock in diesem Sinn durchaus eine wichtige Triebkraft für ein Umsteuern der globalen Wirtschaft sein und hat unter diesem Blickwinkel große Aufmerksamkeit verdient. In diesem Zusammenhang können aus dem roten Wertesystem durchaus hilfreiche Impulse kommen, da Veränderungen starke Energien erfordern und viel Phantasie brauchen um von den Beteiligten akzeptiert zu werden.

Ein Blick auf die Führungspersonen von BlackRock – Larry Fink und Robert S. Kapito – ergibt ein ganz anderes Bild ihrer Wertewelten. Hier spielt innerhalb der Wertewelten 1. Ordnung (Beige bis Grün) Orange keine dominante Rolle und Türkis als Wertesystem der 2. Ordnung eine starke bzw. führende Rolle. Es handelt sich bei diesem Ergebnis – das ist unbedingt zu beachten – nicht um ein Personenprofil, sondern die Widerspiegelung des von den Personen in der Öffentlichkeit erzeugten Bildes. Im Bezug auf Larry Fink ist hierzu festzustellen, dass dieses Bild unterschiedlich ausfällt, je nachdem ob er als natürliche Person Larry betrachtet wird, oder in seiner Funktion als CEO von BlackRock. Als natürliche Person erscheint Fink als von Blau beeinflusster Technokrat mit großem know how und der geltenden Ordnung für ein dem Kapitalinteresse verpflichtetes Unternehmen genügend. Dabei hat er das Ganze im Blick (Türkis) und schenkt auch den Gefahren Beachtung, die jenseits des Zielhorizonts liegen (Beige). Im Verhältnis von Blau zu Orange drückt sich der Vorrang von Sicherheit vor Erfolg aus und entspricht den Erwartungen, die Kapitalanleger an Fondsmanager stellen. Hiervon unterscheidet sich das Bild des CEO Fink grundlegend. In diesem Bild dominiert die Erfahrung und Erfassung der Ganzheit mit Verstand und höherem Geist.

Charakteristische Glaubensvorstellungen und Handlungen sind die Überzeugung, dass die Welt ein einziger, dynamischer Organismus mit kollektiver Vernunft ist und der Mensch darin sowohl ein klar unterschiedener als auch ein mit einem größeren, mitfühlenden Ganzen verbundener Teil davon ist. Alles ist ökologisch vernetzt, Energie und Informationen durchdringen die gesamte Umwelt. Unter diesen Voraussetzungen sind Intuition und kooperatives Handeln zu erwarten. Die so beschriebene Wertewelt entspricht einem Ideal, in dem individueller Erfolg (Orange) und kollektive Ordnung (Blau) unter der Vormachtstellung von kollektivem Grün innerhalb der objektiven Welt (1. Ordnung), geleitet durch Türkis (2. Ordnung) zu einer ethisch gereiften und nachhaltigen Welt ihrer Vollendung zustreben. Es ist zu vermuten, dass dieses Bild eher von institutionellen und politisch denkenden Internetnutzern erzeugt wurde, als das erstbeschriebene zweite Bild des Laurence D. Fink. Diese Vermutung wird durch den großen Unterschied der Ergebnismengen der Internetabfragen gestützt. Während bei Google zu Laurence D. Fink 172.082 Ergebnisse erzielt wurden, waren es für den CEO Fink 2.163.564.

Beide Bilder von Fink existieren und beide haben ihre positiven Potentiale, die von starkem Türkis gestützt sind. Es bleibt die Ungewissheit, wie authentisch sie sind. Für den Fall, dass es sich um Trugbilder handelt würde es sich um eine Täuschung nicht gekanntem Ausmaßes in diesem Projekt handeln, von der anzunehmen wäre, dass sie bewusst erzeugt wurde. Sie zu erzeugen käme der Erzeugung einer Scheinwelt gleich, wie sie bisher nur in Science-Fiction-Filmen vorgekommen ist. Was in jedem Falle bleibt, ist die öffentliche Erwartung an Larry Fink, die (vielleicht) visionären Zustände herzustellen, soweit es in der Macht von BlackRock steht.

Über Fidelio

Ich bin 1949 geboren und war in meiner berufstätigen Zeit als Stadtplaner in einer mittelgroßen kommune tätig. Seit meiner Studienzeit habe ich mich für die Entwicklung eines erweiterten geistigen Horizonts interessiert und einige Anstrengungen unternommen, mich persönlich in diesem Sinne zu entwickeln. Aufgrund meiner katholischen Erziehung habe ich in den 1960-er Jahren begonnen, mich intensiver mit dem modernen Mystiker Teilhard de Chardin zu befassen und bin so zur Gedankenwelt von Ken Wilber gekommen, die ich in diesem Projekt nutzbar zu machen versuche.
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