Laschet, Baerbock oder Scholz? – Attraktoren zur Bundestagswahl

 

Mit diesem Beitrag möchte ich die Möglichkeiten einer kombinierten – und dadurch differenzierten – Anwendung der Typenlehre des Enneagramms und der Instrumente der Integralen Theorie nach Ken Wilber auf die politische Situation vor der Bundestagswahl anwenden.

In Grafik 1 ist der Zeitschnitt für den Zeitraum der Pandemie ab September 2020 ergänzt worden. Hier ist eine deutliche Trendwende bei dem starken Typ 9 zu sehen. In Grafik 2 wird eine Übersicht der Enneagrammtypen im Bezug auf Deutschland als Ganzes und den Durchschnitt der drei Kanzlerkandidaten gegeben.

Grafik 1 liegen Abfragen in der Genios-Datenbank zu Grunde, die Grafiken 2 und 3 basieren auf der Blog-Suche im Internet.

In Grafik 3 sind die in Grafik 2 als Durchschnitt dargestellten Typen für die drei Kanzlerkandidaten getrennt dargestellt.

Im Vergleich der Grafiken 1 und 2 zeigt sich der Unterschied zwischen dem Bild, das sich aus Veröffentlichungen in Printmedien ergibt und dem Bild, das sich aus der Internetsuche in Blogs ergibt. Als größter Unterschied fällt hier der Unterschied bezüglich der Typen 2 und 7 auf. Typ 2 – der Helfertyp – kommt in dem „volksnäheren“ Ergebnis des Internets  zum Ausdruck und dominiert mit großem Abstand vor den anderen Typen – im Gesamtbild von Deutschland, wie auch bei allen drei Kanzlerkandidaten bzw. der -kandidatin in Grafik 3. Dagegen nimmt er in Grafik 1 nur einen mittleren Platz ein. Aus der Perspektive der Printmedien dominieren – nahezu gleich, jedoch in jeweils eigener Dynamik – die Typen 7 und 9. Der Enneagramm-Autor Riso bezeichnet sie als den Enthusiasten – eifrig, produktiv, spontan – und den Friedliebenden – gelassen, zurückhaltend, vertrauensvoll, konfliktvermeidend. Es handelt sich bei den Bildern der Medien – vor allem bei dem Typ 9 – offensichtlich um Idealisierungen, die dazu geeignet sind, das Bild des „hässlichen Deutschen“ in der Weltöffentlichkeit zu korrigieren. Das läuft jedoch in der Innenansicht der Deutschen ins Leere. Diese wird – nicht erst seit der „Flüchtlingskrise“ von der großen Bereitschaft bestimmt, Hilfe zu leisten. Diese Bilder könnten sich ergänzen, wenn die Typen 2 und 6 in der öffentlichen Darstellung mehr und positiver zur Geltung kämen. Dabei spielt der starke Einfluss des enthusiastischen und wetterwendischen Typus 7 eine zentrale Rolle, da er in ständiger Gefahr steht, zwischen humanistischen Idealen und hedonistischer Egomanie zu schwanken. Im Verlauf der Entwicklung dieses Typs ist vom Jahr 2000 bis in die Gegenwart eine beständige Zunahme zu sehen, die selbst durch die Pandemie nicht gestört wurde.

Der grundlegende Unterschied zwischen dem Zeitschnitt und der momentanen Gesamtaufnahme liegt darin, dass im Zeitverlauf die jeweils aktuellen Ereignisse den Datenstrom erzeugen, während potenzielle Informationsträger hierin nicht zur Geltung kommen. In der Momentaufnahme bildet sich dagegen das Gesamtgewicht des jeweiligen Typs ab – da das Internet nichts vergisst. Das hat zur Folge, dass bei den Printmedien im Zeitschnitt ein Defizit entsteht, das durch die vielschichtigen Bedingungen des Nachrichtenmarktes bestimmt wird. Dabei spielt der oft kolportierte Satz „nur schlechte Ereignisse sind gute Nachrichten“ eine tragende Rolle. (Nebenbei bemerkt wirft dieses Ergebnis ein anderes Bild auf das Internet, als es unter dem Siegel von facebook & Co. verbreitet wird.)

In Grafik 4 sind die Wertewelten der drei Kandidaten als Milieus abgebildet, in denen sie sich positionieren müssen. Die Daten wurden aus Einzeldaten des Komplexes WMeme / Enneagramm-Typen (engl.) generiert. Ihnen gegenübergestellt ist das Bild für Deutschland als Ganzes, das gesondert erhoben wurde. In der darunter stehenden Tabelle sind die Verhältnisse von Orange und Grün zu dem grundlegend wichtigen Wertemem Blau– in dem sich das bürokratische System befindet – angegeben.

Grafik 4
Armin Laschet, CDU 1 : 2,4 : 1,6
Olaf Scholz, SPD 1 : 2,2 : 1,5
Annalena Baerbock, GRÜNE 1 : 1,6 : 1,1
Deutschland 1 : 3,1 : 2,1

Aus der Übersicht in Gafik 4 ist ablesbar, das zwischen den Kandidaten Laschet und Scholz in der Summe der Wertesysteme große Ähnlichkeit besteht. Strukturell nähert sich ihre Wertewelt derjenigen von Deutschland als Ganzem an. Unterschiede bestehen in einer größeren Bedeutung von Orange im Gesamtbild von Deutschland bei relativ schwachem Blau und Wertemem Rot. Diese Unterschiede treten im Bezug auf Annalena Barbock noch deutlicher hervor und unterscheiden sie damit auch von den beiden männlichen Kandidaten. Besonders hervorzuheben ist die etwa gleich starke Ausprägung von Blau und Grün bei schwächerem Orange. Darüber hinaus ist das starke Rot bemerkenswert. Dahinter stehen wahrscheinlich Beziehungen zu neu aufkeimenden Bewegungen der Ökologie und des Tierschutzes (z. B. Fridays for Future, Braunkohletagebau Garzweiler, geplante A 49 in Hessen).

Greifbarer werden die Unterschiede, wenn die Verhältnisse der drei bedeutendsten WMeme als Verhältniszahlen angegeben werden, wie in der Tabelle geschehen. Als Grundlage dient Blau als dasjenige Wertesystem, das die Grundlagen für die evolutionsgeschichtlich nachfolgenden WMeme Orange und Grün bereitstellt. Mit diesen Vergleichszahlen ist lediglich eine Unterscheidung der Kandidaten gegeben, die keine qualitativen Aussagen zulässt. Diese sind erst durch differenzierte Betrachtung der personalen Potentiale in Beziehung zu den Wertesystemen und die Aktivitäten in den Quadranten der integralen Theorie möglich.

Über Fidelio

Ich bin 1949 geboren und war in meiner berufstätigen Zeit als Stadtplaner in einer mittelgroßen kommune tätig. Seit meiner Studienzeit habe ich mich für die Entwicklung eines erweiterten geistigen Horizonts interessiert und einige Anstrengungen unternommen, mich persönlich in diesem Sinne zu entwickeln. Aufgrund meiner katholischen Erziehung habe ich in den 1960-er Jahren begonnen, mich intensiver mit dem modernen Mystiker Teilhard de Chardin zu befassen und bin so zur Gedankenwelt von Ken Wilber gekommen, die ich in diesem Projekt nutzbar zu machen versuche.
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