Wertesysteme und Problemfelder in den Städten Schleswig-Holsteins

Quelle: WikiMedia Commons, Lizenz: Attribution-Share Alike 3.0 Unported; Schleswig-Holstein mit den Städten über 50 Tsd. Einwohnern

Das nördlichste Bundesland Deutschlands hat im Vergleich zu den anderen Bundesländern eine besondere Lage. Im Westen grenzt es an die Nordsee mit dem Weltnaturerbe Wattenmeer, im Osten an die Ostsee, im Norden an Dänemark. Neben der Landeshauptstadt Kiel besteht mit der bedeutenden Hansestadt Lübeck lediglich eine weitere Großstadt in dem traditionell von Landwirtschaft, Schifffahrt und Fischerei geprägten Land. Daneben spielt der Tourismus eine bedeutende Rolle. Publikumsmagneten sind in diesem Zusammenhang die Kieler Woche und die Hansestadt Lübeck, deren Altstadt zum Weltkulturerbe zählt. Im bürokratischen System Deutschlands spielt Flensburg als Standort des Kraftfahrt-Bundesamtes eine besondere Rolle. Das von dieser Behörde geführte Fahreignungsregister ist für viele Verkehrsteilnehmer in Deutschland zum Inbegriff des Ordnungsstaates geworden. Andererseits verbindet sich mit dem Namen Flensburg Luststeigerung durch eine Biermarke, die den Namen der Stadt trägt und den Erotikartikelhandel Beate Uhse.

Für die Attraktivität des Landes als Wohnort und Erholungsraum hat die im Südwesten angrenzende Millionenstadt Hamburg mit dem bedeutendsten deutschen Hafen große Bedeutung.

Für die in der Übersichtskarte dargestellten Städte werde ich nachfolgend einige Strukturdaten nach der Methode der Spiral Dynamics und der Datengewinnung aus dem Internet grafisch darstellen und kommentieren.

Wertememe in den Städten Schleswig-Holsteins

Das dominierende Wertesystem in allen untersuchten Städten ist – wie für Deutschland insgesamt zu erwarten – Orange. Das Niveau dieses Wertesystems ist in vier der fünf Städte gleich hoch, lediglich für Norderstedt ist ein stärkerer Anteil zu sehen, der auf die Lage der Stadt im „Speckgürtel“ der Wirtschaftsmetropole Hamburg zurückzuführen ist. Hier zeigt sich jedoch auch, dass die Konzentration von Wirtschaft und Bevölkerung in großen Agglomerationen nur verhältnismässig geringe wertsteigernde Effekte hat. Unterschiede zwischen den Wertesystemen der Städte bestehen augenfällig in den Verhältnissen von Blau zu Grün. Hier stechen insbesondere Flensburg und Norderstedt mit ihren relativ zu Blau starken Anteilen von Grün heraus. Aufgrund ihrer Grenzlage zu Dänemark war Flensburg in besonderer Weise in die deutsch-dänische Geschichte einbezogen und zählt bis in die Gegenwart eine dänische Minderheit zu ihren Einwohnern, die in der Landesverfassung einen Sonderstatus bei Wahlen zuerkannt bekam.

Wertememe im Vergleich zu Deutschland

Ein Vergleich mit den Ergebnissen für Deutschland als Ganzem zeigt die oben erwähnten Merkmale nochmals deutlich auf. Allerdings ist das Verhältnis von Blau zu Grün dahingehend zu konkretisieren, dass in allen Städten ein relativ schwaches Blau als ordnendes und für Recht und Tradition stehendes System zu sehen ist, vor allem in Flensburg und Norderstedt. Ein besonders stark über den für Deutschland festgestellten Wert hinausgehendes Grün als exklusiv Gemeinschaft bildendes System ist hier nur noch für Flensburg zu sehen. Möglicherweise sind für diesen besonderen Charakter der Stadt die historisch und geografisch bedingten Einflüsse aus Skandinavien als Ursachen anzusehen. Weitere Unterschiede zu Deutschland bestehen in relativ hohen Anteilen von Gelb und niedrigeren Anteilen von Türkis. Diese Wertesysteme gehören zur zweiten Ordnung der Spiral Dynamics und deuten auf spirituelle Einflüsse hin, die für die Aufrechterhaltung und Herstellung der Dynamik in der Entwicklungsspirale wichtig sind. Allerdings sind die Träger dieser Fähigkeiten in Gelb Individuen, die schnell mit den Aufgaben überfordert werden. Eine Weiterentwicklung zu Türkis, das eine kollektiv getragene globale Sicht auf die Zusammenhänge ermöglicht und Nachhaltigkeit garantiert, ist deshalb anzustreben.

Eine Besonderheit in Lübeck und Flensburg ist in dem erhöhten Anteil von Rot zu sehen. Damit deutet sich an, dass es in diesen Städten kreative Persönlichkeiten gibt, die ihre Interessen mit Nachdruck vertreten und dieses auch offen zum Ausdruck bringen.

Problemfelder in den fünf grössten Städten Schleswig-Holsteins

Ein Blick auf die Problemfelder der fünf untersuchten Städte zeigt, dass sich die beiden Großstädte im Problemfeld Angst gravierend von den anderen Städten unterscheiden. Das spricht für die Annahme, dass die Angst vor Terrorismus hauptsächlich eine Erscheinung in Großstädten ist. Ein Vergleich mit den Problemfeldern Kriminalität untermauert diese Annahme. Eine weitere Bestätigung findet sich in dem Zusammenhang, der zwischen Gewalt und Angst – nicht nur in den

Legende

beiden Großstädten – zu sehen ist. Die größten Probleme, die alle Städte betreffen, sind die Preisentwicklung, Gewalt, Anerkennung und Mobilität. Im Problemfeld Anerkennung spielt die Haltung gegenüber Migranten die Hauptrolle und es können deshalb hierin Anzeichen für Integrationsprobleme gesehen werden. Besonderheiten sind in Neumünster bezüglich des erhöhten Empfindens von Krankheit zu sehen, die mit einem gegenüber Deutschland erhöhten Anteil bei dem Wertemem Beige korrelieren. Diese Ergebnisse sind vermutlich auf das in Neumünster bestehende Gefahrenabwehrzentrum zurückzuführen. Eine bessere Übersicht ergibt sich in einem Vergleich mit den Ergebnissen für Deutschland.

Problemfelder im Vergleich zu Deutschland

Hier relativiert sich das Bild der größten Problemfelder dahingehend, dass die gefühlte Kriminalität in Neumünster, Kiel und Flensburg dominiert, gefolgt von den Wohnungsmieten in Neumünster und Norderstedt. In Flensburg und Kiel sticht die Drogenproblematik besonders ins Auge. Besonders zu erwähnen sind auch die in Norderstedt als Problem empfundene Verschmutzung und die Langeweile. Eine Spezifizierung ist ohne genaue Ortskenntnis nicht möglich. Es kann jedoch vermutet werden, dass die Verschmutzung auf Umweltprobleme hinweist.

Die bereits oben erwähnten Hinweise auf Integrationsprobleme finden eine Bestätigung durch die relativ hohe Intensität im Problemfeld Rassismus, die besonders ausgeprägt in allen Städten hervortritt, jedoch in Lübeck deutlich schwächer ausgeprägt erscheint.

Über Fidelio

Ich bin 1949 geboren und war in meiner berufstätigen Zeit als Stadtplaner in einer mittelgroßen kommune tätig. Seit meiner Studienzeit habe ich mich für die Entwicklung eines erweiterten geistigen Horizonts interessiert und einige Anstrengungen unternommen, mich persönlich in diesem Sinne zu entwickeln. Aufgrund meiner katholischen Erziehung habe ich in den 1960-er Jahren begonnen, mich intensiver mit dem modernen Mystiker Teilhard de Chardin zu befassen und bin so zur Gedankenwelt von Ken Wilber gekommen, die ich in diesem Projekt nutzbar zu machen versuche.
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