Die vergangene Woche stand ganz im Zeichen der Fußballweltmeisterschaft in Katar und dem frühen Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft. Aus dem Iran wurde die Reaktion des Mullah-Regimes auf die landesweiten Aufstände – die (angebliche?) Abschaffung der Sittenpolizei – berichtet und mit überwiegender Skepsis aufgenommen, da der Sicherheitsapparat des Iran über viele Möglichkeiten der Kontrolle verfügt. Viele Meldungen hatten aber auch mit der Situation in der Ukraine und den Folgen des Kriegs zu tun. Aus Kiew wurden weitere Stromabschaltungen gemeldet und der russische Ministerpräsident Medwedjew warnte die NATO-Staaten vor der Lieferung von Patriot-Raketen an die Ukraine. Der deutsche Bundeskanzler nannte mit dem noch in diesem Jahr vorgesehenen Vertragsabschluss für die Anschaffung des F-35 Kampfjets eine weitere Maßnahme zur Aufrüstung. Dagegen wurden Zahlen über die ukrainischen Gefallenen im Krieg genannt, die mit mindestens 10.000 beziffert wurden. Diese Meldung wird ergänzt durch den Appell von Präsident Selensky zum Durchhalten in den Bedrängnissen des Krieges.
In den nachfolgenden Grafiken sind die in der Presse-Datenbank Genios erhobenen WMeme und Quadranten für die Relationen Deutschland und Ukraine als Säulengrafik und als Liniengrafik im Zeitverlauf dargestellt. Diese Grafiken geben ein Gesamtbild von den Erregungswellen, die durch die Vielzahl von Einzelereignissen und den hierzu veröffentlichten Nachrichten innerhalb der Entwicklungsspirale erzeugt worden sind. Wie in diesem Projekt üblich, wurden die ausgewerteten Informationen im Internet erhoben und nach den Kriterien der Integralen Theorie nach Ken Wilber und den Spiral Dynamics nach den Autoren Beck und Cowan ausgewertet.
In Bild 1 sind die Wertesysteme der Spiral Dynamics für Deutschland und die Ukraine (in deutscher Perspektive) als Säulengrafik und als Längsschnitt dargestellt. Die Ergebnisse für die beiden Relationen sind in unmittelbar benachbarten Säulen in der Unterscheidung kräftige Farbe (= Deutschland) und blassere Farbe (= Ukraine) Dargestellt. Darüber hinaus gilt auch hier die selbsterklärende Farbgebung nach dem System der Spiral Dynamics, wie bisher – auch in dieser komplexeren Darstellung.
Die Darstellung der Quadranten ist in Bild 2 als waagerechte Balken und als Längsschnitt erfolgt. Jede dieser Darstellungsweisen hat ihre spezifischen Vorzüge – die Balken lassen die quantitativen Unterschiede in den Kriterien besser hervortreten, der Längsschnitt bezieht die Zeit als zusätzliches Kriterium ein und macht die Unterschiede zwischen den beiden räumlichen Sichten Deutschland – Ukraine deutlich.
Bild 1: Wertewelten für Deutschland und die Ukraine aus deutscher Sicht.
In den beiden Grafiken von Bild 1 sind die Ergebnisse für die WMeme der Spiral Dynamics zusammengefasst. Das herausstechende Ergebnis in den beiden Grafiken ist der Verlust des WMems Orange für die Ukraine. Dadurch ist es vor allem zu einer starken Zunahme des WMems Grün gekommen, in geringerem Maße gilt das auch für Blau. Im Unterschied dazu hat es für Deutschland nur geringe Veränderungen gegeben. Gemeinsames Kennzeichen der Wertestrukturen in Deutschland und bezüglich der Ukraine ist das Fehlen von Antrieben aus Purpur, Rot und den Wertesystemen der 2. Ordnung. Das Missverhältnis zwischen Blau und Grün in Deutschland, sowie das starke Orange signalisieren jedoch eine weitgehende Beschränkung ordnungspolitischer Maßnahmen, die durch große Sonderhaushalte entstanden ist. Dagegen stellt sich die Situation in der Ukraine hinsichtlich des Verhältnisses von Blau zu Grün deutlich günstiger dar.Daran hat allerdings der Ausfall von Orange entscheidenden Anteil. Es kann deshalb der Schluss gezogen werden, dass sich insoweit ein russischer Teilsieg abzeichnet, wenn man unterstellt, dass es Ziel des russischen Angriffs ist, die Entstehung westlich-demokratischer Strukturen in der Ukraine zu verhindern. Diese Erkenntnis wird durch den eingangs berichteten Durchhalteappell des ukrainischen Präsidenten gestützt.
Bild 2: Quadranten für Deutschland und die Ukraine aus deutscher Sicht
In Bild 2 setzt sich der in der Vorwoche eingeleitete Trendwechsel fort. Es kann nun davon ausgegangen werden, dass die mentale Beteiligung, d. h. die persönliche Einstellung zum Kriegsgeschehen, sich schlagartig verstärkt hat. Diese Reaktion war aufgrund der wochenlangen Zerstörungen durch die russischen Angreifer erwartbar, da Hunger und Kälte den Geist herausfordern und ohne mentale Vorbereitungen früh zur Verzweiflung führen.
Die verstärkte individuelle Beteiligung am Geschehen erfolgt zum größten Teil durch Verlust an rationaler Überzeugungskraft, wie sie durch den Einbruch der „Es„-Sprache ablesen kann und in geringerem Umfang auch durch Einschränkung kulturellen Bewusstseins, das sich in der „Wir“-Sprache ausdrückt.
In diesem Zusammenhang ist hinsichtlich des Aussagewerts der hier veröffentlichten Daten anzunehmen, dass sie weitgehend die Situation in der Ukraine widergeben. Es ist wahrscheinlich, dass sie aus Presseinformationen generiert sind, die aus Berichten von Flüchtlingen und deren Verwandten und Bekannten in der Ukraine generiert wurden.
