Deutschland und die Ukraine in der Entwicklungsspirale – Kalenderwoche 46 (2022)

Die vergangene Woche stand weitgehend im Zeichen  der Grenzverletzung an der ukrainisch-polnischen Grenze, die den Krieg in der Ukraine plötzlich – wenn auch nicht ganz unerwartet – erneut in die vorderste Reihe der Nachrichten brachte und die Kriegsangst neu entfachte. Wie sich bald herausstellte, handelte es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine fehlgeleitete Boden-Luftrakete, die von ukrainischer Seite abgefeuert worden war und zwei Menschen in Polen tötete. Es handelte sich um einen jener Vorfälle, die in der Regel als Kollateralschaden und als unvermeidlich zur Kenntnis genommen werden und keine nachhaltigen Auswirkungen auf das Kriegsgeschehen haben. Sie gehören jedoch zur Wesensart des modernen Kriegs und offenbaren – wie viele andere Eigenarten dieser Kriegführung – den Zynismus des als „sauber“ bezeichneten Kriegs, der – mehr noch als historische Kriege – zur „DNA“ des menschlichen Erbguts gerechnet wird.

In den nachfolgenden Grafiken sind die in der Presse-Datenbank Genios erhobenen WMeme und Quadranten für die Relationen Deutschland und Ukraine als Säulengrafik und als Liniengrafik im Zeitverlauf dargestellt. Die Ergebnisse für diese Relationen sind jeweils in unmittelbar benachbarten Säulen in der Unterscheidung kräftige Farbe (= Deutschland) und blassere Farbe (= Ukraine) dargestellt. Darüber hinaus gilt auch hier die selbsterklärende Farbgebung nach dem System der Spiral Dynamics, wie bisher gehandhabt..

Die Darstellung der Quadranten weist zu den bisher gebräuchlichen Grafiken den Unterschied auf, dass sie nicht als wie bisher üblich – idealisierte Quadrantenbilder mit Angabe der Abweichungen von einem theoretischen Idealwert dargestellt sind, sondern als waagerechte Balken dargestellt sind. Diese Vereinfachung dient der Arbeitserleichterung und wird durch eine Legende lesbar gemacht.

Die Erläuterung zu den Grafiken erfolgt durch kurze Texte von mir und – sofern es sich anbietet – durch Zitate aus der einschlägigen Literatur. Letztere sind durch kursive Schrift erkennbar.

Bild 1: WMeme und Quadranten der Ukraine und Deutschlands für die KW 46

In der nebenstehenden Grafik sind die Wertewelten und Quadranten für Deutschland dargestellt. Es sind hier gegenüber der Wertestruktur in den beiden vorherigen Wochen keine wesentlichen Unterschiede zu sehen. Im Vergleich zu Deutschland stellt sich die Ukraine hier im Wertesystem Grün besonders stark dar, so dass es aus deutscher Perspektive dasjenige ist, welches die Ukraine am stärksten charakterisiert. Im Innenverhältnis der Ukraine hat jedoch im Verlauf der letzten beiden Wochen ein Wechsel von dem individualistischen und demokratischen Orange zum kollektiven Grün stattgefunden. Wie diese Entwicklung zu interpretieren ist muss vorerst noch offen bleiben und wird unter Zuhilfenahme des Zeitverlaufs der nächsten Grafik versucht.

Bild 2: WMeme und Quadranten der Ukraine und Deutschlands im Zeitverlauf der 45. und 46. KW (deutsche Perspektive)

Im Vergleich der Quadranten zeigt sich bei den linksseitigen Quadranten („Ich“ und „Wir„) eine zunehmende Abweichung zwischen deutschen und ukrainischen Bezügen. Bemerkenswert ist, dass die rechten Quadranten hiervon kaum berührt werden.

In Bild 2 sind die Trends der WMeme deutlich erkennbar. Eine bedeutsame Trendwende spielt sich zwischen Orange und Grün ab. Hier wird deutlich, dass diese Entwicklung nicht allein aus der Sicht auf die Menschen der Ukraine resultiert, sondern auch aus deutlich abnehmender Bedeutung von Blau, das für die Tradition und die staatliche Repräsentanz der Ukraine steht.

Hinsichtlich des abnehmenden Orange ist es wahrscheinlich, dass diese Entwicklung kumulativ durch Kriegseinflüsse verursacht ist und ein Ausdruck gemeinschaftlichen Leidens ist. 

Das Resultat beider Entwicklungen ist das zu Blau antagonistische und im Bezug auf Orange weiter entwickelte Grün. Damit liegt diese Entwicklung in der Richtung einer Menschheitserfahrung, die auch dem Krieg eine positive Seite abzugewinnen versucht.

Über Fidelio

Ich bin 1949 geboren und war in meiner berufstätigen Zeit als Stadtplaner in einer mittelgroßen kommune tätig. Seit meiner Studienzeit habe ich mich für die Entwicklung eines erweiterten geistigen Horizonts interessiert und einige Anstrengungen unternommen, mich persönlich in diesem Sinne zu entwickeln. Aufgrund meiner katholischen Erziehung habe ich in den 1960-er Jahren begonnen, mich intensiver mit dem modernen Mystiker Teilhard de Chardin zu befassen und bin so zur Gedankenwelt von Ken Wilber gekommen, die ich in diesem Projekt nutzbar zu machen versuche.
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