An dieser Stelle werde ich – soweit es mir möglich ist – täglich die Entwicklung der Wertewelten und der Quadranten der Integralen Theorie in Deutschland und der Ukraine veröffentlichen. Zu diesem Schritt habe ich mich aufgrund der sprunghaften Entwicklungen der letzten Jahre und Monate entschlossen, da sich die Bilder der Grafiken in diesem Zeitraum drastisch verändert haben und nach zeitnahen Erklärungen verlangen. Die Verknüpfung mit der Ukraine ermöglicht darüber hinaus Rückschlüsse auf Zusammenhänge zwischen deutscher Außenpolitik und Ukrainekrieg. Die Integrale Theorie kann so wertvolle Beiträge zur Meinungsbildung leisten. Ein Sinn hierfür ergibt sich allerdings erst, wenn sich möglichst viele Menschen hierzu Gedanken machen und ihr Handeln hieran orientieren.
Die Darstellung der Quadranten erfolgt – abweichend von der bisher überwiegenden Darstellung als Quadrantenbild als Säulengrafik und in Prozenten. Diese Änderung erfolgt aus Vereinfachungsgründen um eine tägliche Erhebung vom Aufwand her möglich zu machen. Eine Angleichung an die Quadrantendarstellung erhält man, wenn die Prozentwerte jeweils in 5%-Intervalle zerlegt werden.
Die beiden Grafiken werden durch ein Tageszitat aus dem Bereich der Integralen Theorie ergänzt. Dabei wird der jeweilige Bezug zwischen Grafik und Zitat durch ein gelb hinterlegtes Stichwort markiert, um so einen Hinweis auf die Schwerpunkte der Entwicklung zu geben.
Hinweise: Zum Lesen der Grafiken bitte mit einem Klick vergrößern!
Es liegt auf der Hand, dass (solche) Prinzipienpolitik (Anm.: Blau) hier und heute, im postheroischen Europa kaum mehr möglich ist. Der Hauptgrund dafür ist weder die Prinzipienlosigkeit der Politik noch die der Bürger, sondern die Demokratie (Orange). Zum einen sind die Prinzipien unseres Zusammenlebens größtenteils schon in der Verfassung und in den Gesetzen festgelegt. Infolgedessen erscheint es uns nicht als prinzipiengeleitete Politik, wenn wir zur Wahl gehen (Wahlfreiheit), eine Zeitung aufschlagen (Pressefreiheit), unseren Chef verklagen (Gleichheit vor dem Gesetz), den Bundeskanzler beschimpfen (Meinungsfreiheit), vielmehr kommt es uns als Normalität vor, als Alltag.
Zum anderen beißt sich die Prinzipienhaftigkeit der Politik in einer Demokratie mit der Partizipation. Es ist nur schwer vorstellbar, dass beispielsweise ein Bundeskanzler strikt nach seinen Prinzipien Politik macht, und der Rest der Republik folgt ihm dabei. Viel wahrscheinlicher ist es, dass andere – Minister, Medien oder Koalitionspartner – mit konkurrierenden Prinzipien dagegenhalten oder die Art der Anwendung für verfehlt halten. Und da ein Kanzler so etwas weiß, wird er sich nur sehr selten in Situationen begeben, die absolute Prinzipienfestigkeit erfordern oder ermöglichen, er wird tasten und abschwächen, und er wird Kompromisse eingehen. Darum gilt im Hier und Heute: Politik ohne Prinzipien ist unmoralisch, Politik ohne Partizipation ist undemokratisch. Damit soll nicht gesagt sein, dass von Prinzipien getragene Politik nur in autoritären Konstellationen möglich ist; leichter ist sie da allerdings schon, und vor allem erkennbarer. In demokratischen Staaten erleben wir die Politik zumeist nicht als etwas Prinzipielles, sondern als ein ewiges Durcheinandergerede, als ständige Vermischung von Pragmatik, Opportunismus, Moral und Pseudomoral.
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Es gehört zu den Vorzügen der Demokratie, dass die Bürgerinnen und Bürger mehr von den Politikern verlangen dürfen als von sich selbst. Deshalb erwarten prinzipienarme Bürger von der Politik nicht bloß Pragmatismus, im Gegenteil: Je pragmatischer und multioptionaler die Wähler selber werden, desto stärker wächst ihre Sehnsucht nach Politikern, die Klartext reden, die nach Programmatik und Moral handeln.
Zitat aus: ZEIT WISSEN, Heft 2, 2015; Bernd Ulrich über die nicht ganz einfache Wechselwirkung von Prinzipientreue und Demokratie
Obgleich jedes neue WMem auf der Grundlage seiner Vorgänger aufbaut und ihr neue Faktoren der Komplexität hinzufügt, folgt das Entstehungsmuster neuer WMeme nicht blind und mechanistisch einem festgeschriebenen Drehbuch, an dessen Abfolge(Anm.: Blau und Grün stark, Orange schwach) es kleben würde. Die bisherigen Systeme sind lediglich der handelnde geistige Abdruck unserer psychologischen „DNA“. Verschiedene Teile der Weltbevölkerung, die auf unterschiedlichen psychologischen Ebenen leben, werden sich auf der Spirale gleichzeitig auf ihre jeweilige Zukunft zubewegen. Dem Erwachen neuer WMeme wohnt eine Intelligenz inne, eine innere Logik wie in einem Schneckengehäuse, nach der verschiedene WMeme auftreten. Sie können anfangen, das zu ergründen, beachten Sie dabei aber ein Gesetz von Spiral Dynamics: Wir Menschen handeln nicht notwendigerweise rational. Viel von dem, was wir tun – ob gut oder schlecht –, um unsere erfolgreiche Anpassung an unsere Umgebung zu fördern oder zu behindern, ist reiner Zufall. Auch „das große Los“, „Versuch und Irrtum“ oder „knapp daneben ist auch vorbei“ charakterisieren unsere Wahlmöglichkeiten im Leben. Doch die Verbindungen zwischen den Lebensbedingungen und den WMemen in uns, vergleichbar den Aminosäureabschnitten auf der DNA, tragen verschlüsselt den Fluss der Zukunft in sich. Zudem bewegt sich die Spirale in Richtung größerer Komplexität, da unser Wissen und unsere Erfahrungen zunehmen. Csikszentmihalyi schreibt: „Komplexe Fähigkeiten werden durch komplexe Aktivitätenerworben. Die Evolution ist die Geschichte der zunehmenden Komplexität lebender Materie“
Da WMeme Typen des Denkens, die sich in uns einnisten, darstellen und nicht Typen von Menschen bezeichnen, und da sich unser Denken mit vielem beschäftigt – Religion, Familie, Arbeit, Sport, Politik –, können wir folglich auch verschiedene Denkweisen in uns tragen, die zu den verschiedenen Lebensbereichen unterschiedliche Mischungsverhältnisse eingehen.
Zitat aus: Beck, Don Edward; Cowan, Christopher C.. Spiral Dynamics: Leadership, Werte und Wandel (German Edition) . J. Kamphausen Verlag. Kindle-Version.