Die WMeme am Beginn und am vorläufigen Ende der Entwicklungsspirale
Wie fruchtbar aber die alten Durchbrüche und Konflikte für die Gegenwart sein können, soll in einem weiteren Schritt erkundet werden. Hierzu wurden für den Untersuchungszeitraum die Spuren aufgezeichnet, die von den Internetnutzern als Mitglieder von Wertewelten in den einzelnen Jahrhunderten virtuell hinterlassen wurden. Hierbei werden für die beiden Untersuchungsstränge „globales Internet“ und „Google Books“ aus Präsentationsgründen jeweils zwei Grafiken gezeigt, die unter „I“ die WMeme Beige und Purpur sowie die beiden WMeme Gelb und Türkis als WMeme der zweiten Ordnung enthalten und unter „II“ die übrigen WMeme darstellen.
Zunächst ein Vergleich der links stehenden Grafiken: Hier ist ebenfalls ein deutlicher Unterschied zwischen globalen Internetergebnissen und Buchrecherche zu sehen. Sowohl Gelb als auch Türkis sind vom Anfang der Kurven bis zum ersten nachchristlichen Jahrhundert bzw. bis zum ersten vorchristlichen Jahrhundert deutlich gegenüber dem weiteren Verlauf der Kurven hervorgehoben. Sie unterscheiden sich jedoch deutlich in ihren Gewichten zueinander. Hier zeigt sich insbesondere für Türkis ein bis 6 mal so starkes Gewicht von Türkis innerhalb der Buchveröffentlichungen. Der Verlauf der beigen und purpurnen Kurven bleibt in beiden Grafiken auf sehr niedrigem Niveau stumm. Das gilt auch für den Verlauf der türkisfabenen und beigen Kurven in der unteren Grafik ab dem vierten Jahrhundert. In der oberen Kurve ist ein deutlicher Einschnitt in der gelben Kurve für das dritte Jahrhundert zu sehen, der sich auch in der türkisfarbenen Kurve andeutet. In der unteren Grafik ist ein deutlicher Einschnitt in der türkisfarbenen Kurve für das erste Jahrhundert zu sehen. Der Verlauf der gelben und türkisfarbenen Kurven ist ab dem dritten Jahrhundert nahezu synchron, wobei die türkisfarbene Kurve geringfügig über der gelben Kurve verläuft. Hervorzuheben ist im Verlauf der gelben Kurve der oberen Grafik ein starker Anstieg, der das 11. und 12. Jahrhundert betrifft.
Eine Bewertung dieser Ergebnisse kann an dieser Stelle nur in Form eines Überblicks aus meiner integralen Sicht erfolgen, da die einzelnen Spitzenausschläge in den Kurven eine ausführliche geschichtliche Darstellung erfordern, für die ich keine Kompetenz habe. Zunächst ist festzustellen, dass für die Beurteilung der beigefarbenen und purpurfarbenen Kurven nicht zu erwarten ist, dass aus heutiger Sicht frühgeschichtliche Verhältnisse im Bezug auf primitive, magische und mythische Bewusstseinsinhalte nennenswertes Interesse hervorrufen. Dagegen ist es sehr wahrscheinlich, dass die bereits in den Bemerkungen zum allgemeinen Interesse an den Jahrhunderten hervorgehobenen Zeiträume der Achsenzeit und des Neuplatonismus einschließlich der Gnosis sich hier in der gelben und türkisfarbenen Kurve abzeichnen. In etwas modifizierter Form ist dieser Zusammenhang feststellbar, jedoch im Unterschied zum allgemeinen Interesse sind hier die wissenschaftlichen und / oder populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen um ein Mehrfaches beteiligt. Das bedeutet jedoch nicht, dass es absolut gesehen ein größeres Interesse aus fachlicher Sicht an diesen Zeiträumen gibt. Zum Beispiel beträgt das Verhältnis von Internetergebnissen zu Buchergebnissen für das vierte vorchristliche Jahrhundert 38 : 1. Aus dem Ergebnis ist abzuleiten, dass das Interesse für die Achsenzeit überwiegend aus spirituellem Interesse besteht. Die Farbe Türkis signalisiert darüber hinaus ein Bewusstsein von Transzendenz, das zur Evolution des Menschen beitragen kann. Hierbei ist jedoch zwischen oberer und unterer Grafik zu unterscheiden, da das Interesse in der unteren Grafik ab dem vierten Jahrhundert unter dem Vorzeichen von Türkis kaum noch vorhanden ist. Die Gründe hierfür können vielfältig sein, z. B. spezialisiertes fachliches Interesse in Verbindung mit starkem Reduktionismus sowie die Verwechslung von Prä- und Transzuständen, d. h. kindliche nichtrationale Empfindungen werden zu transzendenter Herrlichkeit vergrößert oder echte transrationale spirituelle Wirklichkeiten werden auf kindliche prärationale Zustände verkleinert. Eine durch reife Persönlichkeit getragene Spiritualität sollte sich als Konstante abzeichnen, wie es in der oberen Grafik zu sehen ist. Besonders erklärungsbedürftig ist der im 3. Jahrhundert in allen gelben und türkisen Kurven zu sehende Einbruch. Nach Wikipedia sind u.a. folgende Prozesse für diesen Zeitraum bestimmend:
- Das Römische Reich wird in den Jahren 235–285 von den sogenannten „Soldatenkaisern“ regiert. Diese werden meist im Rahmen von Usurpationen von den Legionen zum Kaiser ausgerufen und regieren oftmals nur wenige Monate. Diese Phase der römischen Geschichte wird traditionell auch als die Zeit der Reichskrise des 3. Jahrhunderts bezeichnet. Erst Diokletian gelingt ab 284 durch Reformen eine Stabilisierung. Damit beginnt die Epoche der Spätantike.
- Das Christentum wird erstmals im ganzen Römischen Reich systematisch verfolgt, behauptet sich aber trotz äußerer Widernisse und innerer Kämpfe um seine Vereinbarkeit mit dem Privateigentum und dogmatischer Streitigkeiten wie dem Ketzertaufstreit.
- Ausgehend von Alexandria erleben die pagane griechische Philosophie und Mathematik eine Renaissance (Neuplatonismus).
- Im Iran wird das Sassanidenreich begründet.
- Die Pyramiden der Maya leiten in Mittelamerika eine Epoche der Monumentalbauten ein.
- In Japan erfolgt eine Trennung von „Kirche“ und Staat (Säkularisierung).
- China ist von 220 bis 280 geteilt: Diese Zeit der Drei Reiche wird durch Kaiser Wu von Jin beendet.
Ein Vorausblick auf die vier WMem-Kurven in den rechten Grafiken zeigt, dass es sich bei dem Einbruch um die Relativierung durch die WMeme Orange und Grün handelt. Offensichtlich hat der für Türkis und Gelb anziehend wirkende Neuplatonismus sich nicht gegen die von Krisen bestimmten weltlichen Ereignisse behaupten können.
Die Zeit des 11. und 12. Jahrhunderts war nach Angaben der Wikipedia durch folgende Ereignisse bestimmt:
11. Jahrhundert: In Europa führte eine religiöse Reformbewegung zur Stärkung des Papsttums, dessen Herrschaftsansprüche mit denen des Kaisers im Investiturstreit kollidierten. Am Ende des Jahrhunderts wurden die Eroberung muslimisch beherrschter Territorien auf der iberischen Halbinsel (Reconquista) als auch die Einnahme Jerusalems durch den ersten Kreuzzug religiös legitimiert. Im Gegensatz dazu begründeten die Normannen ihre Eroberungen Englands und Süditaliens vor allem machtpolitisch.
Von Zentralasien eroberten die muslimischen Seldschuken ein Gebiet bis nach Anatolien. Die Gebietsverluste in Anatolien schwächten das byzantinische Reich dauerhaft. Auf dem indischen Subkontinent stieg das Reich der Chola zu einer mächtigen Regional- und Seemacht auf. China erreichte unter der Song-Dynastie große technische und wirtschaftliche Fortschritte.
12. Jahrhundert: Im abendländischen Europa übernahm das Papsttum eine Führungsrolle. Die Päpste rivalisierten mit den Kaisern, die sich zunehmend mit Vorformen der Bildung europäischer Nationen auseinandersetzen mussten. Das Rittertum erreichte eine erste Blüte. Handel und Geldwirtschaft weiteten sich aus, die Urbanisierung nahm stark zu, und die Wissenschaften begannen ihren Aufschwung. Europa griff über seine Grenzen hinaus, auch wenn die Kreuzfahrerstaaten im Jahr 1187 eine entscheidende Niederlage erlitten. Die siegreichen Ayyubiden wurden hingegen zur neuen Regionalmacht des Nahen Ostens. Im Osten des asiatischen Kontinents begann mit der Machtübernahme der Shōgune das japanische Mittelalter. Auf der anderen Seite des Ostchinesischen Meeres zwang der Siegeszug der Jurchen die Song-Dynastie, ihre Herrschaft auf den Süden Chinas zu konzentrieren. Dennoch blieb das Song-China wirtschaftlich und kulturell die einflussreichste Macht Ostasiens. Teile der von den Jurchen bezwungenen Kitai zogen weiter westlich und errichteten als Kara Kitai ihre Oberherrschaft über große Gebiete im Zentrum Asiens. Im Südosten des Kontinents erlebten die Khmer den Höhepunkt ihres Reiches.
Der plötzliche starke Anstieg der gelben Kurve spricht für ein spirituell geleitetes Interesse an dieser Zeit, das eindeutig von individueller Natur ist. Starke Entsprechungen hierzu finden sich im Investiturstreit und seinem Ausgang, der den Einfluss des Papstes festigte. Eine weitere förderliche Entwicklung brachte der seit dem 11. Jahrhundert auch in Deutschland eingeführte Begriff „Ritter„, der sich im 12. Jahrhundert von dem kampfbereiten bewaffneten Ritter zu einem Idealbild der höfischen Gesellschaft erweiterte und damit eine ethische Grundlage für das Handeln lieferte.