Das Projekt „Entwicklungsspirale“ und seine Methoden

Die Indikatoren

In diesem Abschnitt führe ich die verwendeten Suchbegriffe auf, die als Indikatoren dienen. In der ersten Tabelle werden die Indikatoren der 8 Wertememe der Spiral Dynamics benannt und kurz beschrieben.

Wertemem u. Indikator Auftauchen in der Evolution Beschreibung
Beige; archaisch, instinktiv, überlebensbestimmt, selbsttätig, reflexologisch

Überlebenswille

Seit dem mittleren Paläolithikum (100.000 v. Chr.) Ebene des Überlebens auf der niedrigsten Stufe menschlicher Existenz; Nahrung, Wasser, Wärme, Sex und Sicherheit haben Vorrang. Gewohnheiten und Instinkte werden zum bloßen Überleben verwendet. Es ist noch kaum so etwas wie ein unterscheidbares Ich erwacht, und es gibt kaum Bemühungen, ein solches zu bewahren.
Purpur; animistisch, tribalistisch, magisch-animistisch

blutsverwandt

seit dem mittleren Paläolithikum (50.000 v. Chr.)  Opfer an die Ahnen und strenge Befolgung des Brauchtums ordnen das einzelne Individuum der Gruppe unter. Magische Geister, gute und böse, suchen die Erde heim und hinterlassen Segnungen, Verfluchungen und Verzauberungen, die das Geschehen bestimmen. Es werden ethnische Stämme gebildet. Die Geister existieren in den Ahnen und halten den Stamm zusammen. Blutsverwandtschaft und Familie begründen politische Bindungen.
Rot; egozentrisch-ausbeuterische Gewaltgötter

Ausbeutung

seit 7000 v. Chr. Erstes Auftreten eines sich vom Stamm unterscheidenden Ich; machtvoll, impulsiv, egozentrisch, heroisch. Magisch-mythische Geister, Drachen, wilde Bestien und machtvolle Menschen. Archetypische Götter und Göttinnen, Machtwesen, Mächte, mit denen man umgehen muss, und zwar gute wie böse.
Blau; absolutistisch, gehorsam, mythisch, ordentlich, entschlossen, autoritär

Wahrheit

seit 3000 v. Chr. Das Leben hat Sinn, Richtung und Zweck, wobei das Ergebnis von einem allmächtigen Anderen oder einer allmächtigen Ordnung bestimmt wird. Diese gerechte Ordnung erzwingt einen Verhaltenskodex, der auf absoluten und unveränderlichen Prinzipien von „recht“ und „unrecht“ basiert. Eine Verletzung dieses Kodex oder dieser Regeln zieht gravierende und vielleicht „ewige“ Rückwirkungen nach sich. Die Befolgung des Kodex bringt dem Gläubigen Belohnung.
Orange; vielfältig, effizient, wissenschaftlich, strategisch

Erfolg

seit 1700 (bereits vor 600 n. Chr. nach Graves und Calhoun) Hypothetisch-deduktiv, experimentell, objektiv, mechanistisch, operational – also „wissenschaftlich“ im typischen Sinne. Die Welt ist eine rationale, gut geölte Maschine mit Naturgesetzen, die man erkennen, meistern und für die eigenen Zwecke nutzen kann. Stark leistungsorientiert, und zwar vor allem auf materiellen Gewinn hin. Die Gesetze der Naturwissenschaft beherrschen Politik, Wirtschaft und menschliche Gesellschaft.
Grün; relativistisch, personalistisch, kommunitaristisch, egalitär

Gemeinschaft

seit 1850 (aufkeimend im frühen 20. Jahrhundert) Gemeinschaftsgefühl, menschlicher Zusammenhalt, ökologische Sensibilität, Netzwerke. Der menschliche Geist muss von Habgier, Dogma und Entzweiung befreit werden; Gefühle und Fürsorge gehen über kalte Rationalität; Wertschätzung der Erde, von Gaia, des Lebens. Gegen jede Hierarchie; Herstellung von Querverbindungen und Vernetzung.
Gelb; systemisch-integrativ

aktivistisch

seit etwa 1950 Das Selbst ist was es zu sein wünscht, mit Rücksicht auf andere Menschen und das Leben allgemein. Nicht nur das eigene Leben soll gefördert werden. Gute Regierung erleichtert das Aufsteigen von Entitäten auf allen Ebenen zunehmender Komplexität. Umfassender Blick, integrative Strukturen, Natürlichkeit des Chaos, Unausweichlichkeit von Veränderungen, hält Grundsätze hoch, wissenszentriert, gelöste Paradoxa, der Kompetente erhält die Ausbeutung. Bildung: wird selbst gesteuert den ganzen Tag lernen, mit den Interessen übereinstimmend, nicht rigide Struktur. Familie: Rollenverschiebungen, erwartet Kompetenzen, nimmt jeden, wie er ist, auf Informationen gegründet. Gemeinschaft: tut mehr mit weniger, angemessene Technik, Macht ist verteilt, integrierte Systeme. Lebensraum: Leben ist Lernen, interessiert an Prozessen, Freiheit, einfach zu sein, selten ängstlich. Nach Schätzungen gehören am Beginn des 21. Jahrhunderts ca. ein Prozent der Weltbevölkerung und ca. fünf Prozent der Machtstrukturen dieser Ebene an.
Türkis; holistisch

Gaia

seit etwa 1970  überprüft den Makrobereich, Synergie allen Lebens, eine sichere, geordnete Welt, stellt Harmonie wieder her. Natürliche Strömungen verbinden, schaut stromaufwärts und -abwärts, langfristiges Planen, das Leben erhält die Ausbeute. Bildung: Zugang zur Welt, Gefühle und Technik verbinden, Vergangenheit zum Leben erwecken, maximiere das Gehirn. Familie: globales Bewusstsein erzeugt wachsendes Bewusstsein, breite Interessen, sucht freundlichen Kontakt. Gemeinschaft: miteinander verbunden, sehr verschiedenartig, nicht isolationistisch, reich an Informationen. Lebensraum: gehöre dem Universum, passe in die Kette des Seins, tu hier etwas, wie eins mit der Lebenskraft.

Durch die gewählten Abfragebegriffe kann lediglich ein grober Überblick über die jeweils aktiven Wertememe (WMeme) gewonnen werden. Übergänge von einem System in ein vorhergehendes oder folgendes Wertesystem können nur durch Intensiv-Untersuchungen mittels Befragungen oder begleitende Beobachtungen ermittelt werden und können in dem hier interessierenden Zusammenhang wegen des großen Umfangs nur sehr begrenzt durchgeführt werden.

In der nächsten Tabelle werden die 17 Indikatoren für die dargestellten Problemfelder vorgestellt.

Indikator (steht für…) Bedeutungszusammenhang
 Kriminalität Der hier verwendete Begriff der Kriminalität stimmt mit keiner der gebräuchlichen Definitionen aus den Rechts- und Kriminalwissenschaften überein. Er könnte am ehesten als „populäre Auffassung“, als Volkes Meinung über Kriminalität aufgefaßt werden. Damit kommt er jedoch seinem politischen Gehalt näher als wissenschaftliche Definitionen, die zwangsläufig von einem bestimmten Konstrukt ausgehen.

Es ist auf Grund der nicht zu umgehenden subjektiven Wahrnehmungen von Kriminalität und der gegenüberstehenden statistischen Definition des Staates nicht verwunderlich, dass die „gefühlte“ Kriminalität erheblich von der Kriminalitätsstatistik abweicht. In einer Repräsentativbefragung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) im Jahr 2004 wurden 2000 Menschen nach ihrer Einschätzung der Kriminalitätsentwicklung gefragt: Die Befragten waren der Meinung, die Kriminalität in Deutschland habe in den vergangenen zehn Jahren erheblich zugenommen. So schätzten Sie, die Zahl der Wohnungseinbrüche sei um etwa 40% und die der Sexualmorde gar um 260% gestiegen. Die statistische Wirklichkeit zeigte jedoch, dass die Zahl der Wohnungseinbrüche um 45% und die der Sexualmorde um etwa 40% zurückgegangen war.

Dieser Widerspruch wird von Kriminologen wie Christian Pfeiffer damit erklärt, dass die Öffentlichkeit eine Überstimulation durch die Medien erfährt, die zu einem kollektiven Klima der Angst führt. Diese Situation werde mit einer Politik des starken Staates beantwortet, die sich z. B. darin ausdrückt, dass immer rigoroser gegen Straftäter vorgegangen werde. So hätten im Jahr 2002 in den alten Bundesländern noch 38.000 Menschen in Haft gesessen während es im Jahr 2004 bereits schon 53.000 waren – obwohl immer weniger Straftaten begangen wurden.

Unter dem Begriff Kriminalität sind eine Vielzahl verschiedener strafbarer Handlungen zusammengefaßt, die hinsichtlich ihrer sozialen und politischen Bedeutung eine differenzierte Betrachtung erfordern. So kommt es, dass auf Grund der Zunahme spezieller Delikte wie z. B. Gewaltdelikte von Jugendlichen öffentlich über diese Probleme diskutiert wird und politische Konsequenzen gefordert werden. Hierbei werden die Ursachen oft einseitig dargestellt und die Lösungen auf die vorhandenen – unzulänglichen – Instrumente des Staates ausgerichtet.

Der gravierende Unterschied zwischen der Betroffenheit der Bevölkerung und der Darstellung politisch interessierter Stellen ist nicht zu übersehen. Aktuell (Anfang 2017) ist dennoch bezüglich der Wohnungseinbrüche ein unbestrittener Höchststand erreicht. Bereits im Einbruch-Report des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft von 2016 wird eine Zunahme der Einbrüche über 30 Prozent festgestellt.

Ein weiterer unbestrittener Kriminalitätsschwerpunkt betrifft die Gewaltakte gegen Flüchtlingsunterkünfte und die körperliche Unversehrtheit der Flüchtlinge selbst.

Rückblickend muss Kriminalität im politischen Urteil der Menschen eine große Bedeutung zugemessen werden. In spontanen Äußerungen zu den Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus kam in der Eltern- und Großelterngeneration der meisten heute lebenden Menschen oft die Behauptung auf, unter Hitler habe es solche kriminellen Auswüchse nicht gegeben. Auch im real existierenden Sozialismus der DDR ist eine bewusste statistische Minimierung der Kriminalitätsrate zu sehen gewesen, die als Beleg für den im Sozialismus erzogenen Menschen als besserem Menschen dienen sollte.

Immer wieder wurde versucht, Zusammenhänge zwischen städtebaulichen Defiziten in den anonymen Massenprojekten der Großstädte und der Kriminalitätsrate herzustellen. Ein eindeutiger Zusammenhang konnte jedoch bisher nicht belegt werden, da die Abfolgen von Ursachen und Wirkungen in der sozialen Schichtung solcher Wohngebiete schwer auseinander zu halten sind. Dennoch ist unbestreitbar, dass soziale Brennpunkte häufig mit hoch verdichteten anonymen Wohngebieten zusammenfallen und Vandalismus in solchen Gebieten zu ersten Anzeichen einer Verwahrlosung im öffentlichen Raum bewertet werden. Aus den USA hat sich aus diesen Hinweisen die Theorie „Broken Windows“ entwickelt, die auch in Deutschland viele Anhänger unter Kommunalpolitikern gefunden hat.

 Anerkennung

(Migrationsprobleme)

Gleichermaßen in der Soziologie wie in der Psychologie ist Anerkennung zu einem zentralen Begriff der Identitätsbildung geworden. Es handelt sich dabei um ein Paradoxon aus dem Bedürfnis nach Anerkennung und gleichzeitiger Unabhängigkeit. Dieses Problem existiert bereits von früher Kindheit an. Ein Kind will nicht nur unabhängig werden, sondern auch als unabhängig anerkannt werden, „und zwar genau von der Person, von der es am meisten abhängig ist“ (Jessica Benjamin, 1993, „Die Fesseln der Liebe, Psychoanalyse, Feminismus und das Problem der Macht“. Frankfurt / M, Fischer Taschenbuch Verlag).

Das Problem der Anerkennung im gesellschaftlichen Rahmen hat sich erst seit der Auflösung traditioneller Gesellschaftsstrukturen wie Klassen, Milieus und Statusgruppen eingestellt. Solange diese Formationen dem Individuum noch vorgaben, wer es zu sein habe, genoß Identität eine selbstverständliche Anerkennung. Heute ist dagegen Anerkennung nur in einem Austauschprozeß zu gewinnen, in dem das Individuum scheitern kann.

Nach Heiner Keupp u. a. (Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 1999:Identitäts-Konstruktionen. Das Patchwork der Identitäten in der Spätmoderne) setzt sich das Gefühl der Anerkennung aus drei eng miteinander verwobenen Elementen zusammen, in denen sich ein klassisches Identitätsthema (die ineinander verschlungene Innen- und Außenbeziehung) widerspiegelt. Es handelt sich dabei um die

  • Aufmerksamkeit von anderen,
  • Positive Bewertung durch andere und
  • Selbstanerkennung.

Mit jeder Situation verknüpfen wir Erfahrungen entlang der obengenannten Dimensionen (erzählen wir uns und anderen Geschichten, ob wir wahrgenommen werden, wie der / die anderen mich bewertet haben, wie ich mich selbst bewerte). Zum Anderen bildet es sich als generalisierte verdichtete Erfahrung im Identitätsgefühl eines Subjekts ab. Eine besondere Relevanz kommt in beiden Fällen realisierten Identitätsprojekten zu. Aus ihnen erfahren wir die wichtigsten Impulse für das Gefühl der Anerkennung.

Erst wenn alle drei Elemente „erfüllt“ sind, kann eine erfahrene Selbstthematisierung ihre „anerkennende“ Wirkung entfalten. Fehlt eine der drei Komponenten, bleibt die Anerkennung unvollständig und wird vom Subjekt mit Zweifeln erlebt“ (Keup u. a. ebd. S. 256).

Keupp unterscheidet vier Gefährdungsvarianten:

  • Keine Aufmerksamkeit (häufig Isolierung des Individuums, indem niemand Notiz von ihm nimmt),
  • erfahrene Aufmerksamkeit, aber wenig positive Bewertungen (z. B. Mitläufer in eine Jugend-Clique, häufig verminderte Selbstanerkennung),
  • trotz Aufmerksamkeit und erfahrener positiver Wertschätzung durch signifikante Andere wenig Selbstanerkennung (typische Pessimisten, die hinter jedem Lob eine arglistige Täuschung vermuten, traumatische frühere Erfahrungen),
  • hohe Selbstwertschätzung, die mit wenig Rückbezug auf geäußerte positive Bewertung und Aufmerksamkeit anderer gelebt wird (egoistisch, narzißtisch, auf Konkurrenz und Gefühl der Überlegenheit aufgebaut, scheitert bei fehlender Aufmerksamkeit durch den Anderen!)

Auf der Ebene der Gesellschaft wird Anerkennung aus der subjektiven Perspektive immer noch weitgehend durch Arbeit vermittelt, obwohl es die Gesellschaft, auf die sich die Erwartungen richten, nicht mehr gibt. Die traditionelle Verkoppelung von wirtschaftlicher Existenz, Handlungsfähigkeit, Integration und Anerkennung mit der Erwerbsarbeit dürfte nach der Einschätzung von Keupp u. a. „ein kulturrevolutionärer Prozeß werden, der sowohl in seiner Dauer als auch in seiner umwälzenden Potenz dem der Emanzipation der Frau in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen nicht nachsteht.

Soweit hier Auffäligkeiten innerhalb des Datenprofils auftreten, deuten diese also neben Migrationsproblemen, die aktuell besonders im Fokus sind, durchaus auch auf Störungen im Bezug auf Arbeit hin.

 Angst Nach Ansicht vieler Wissenschaftler leben wir in einer Zeit des Übergangs. Je nach Disziplin und politischer Grundüberzeugung werden hierbei unterschiedliche Schwerpunkte herausgestellt. Für die Einen sind es die zu Ende gehenden Ressourcen, die zu radikalen Veränderungen auf dem Planeten Erde führen müssen, für mehr geisteswissenschaftlich orientierte Menschen sind es die Konflikte zwischen den Kulturen, die zur Umkehr mahnen und die Gefahren des damit verbundenen Terrorismus beschwören, wieder Andere tendieren zu einer Ökodiktatur, die als einzig mögliche Rettung vor dem drohenden Klimakollaps gerechtfertigt sei. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Allgemein ist es die Angst vor der drohenden Katastrophe, die uns in solchen Szenarien begegnet. Ganz greifbar wird die Angst, wenn sie durch politische Entscheidungen erzeugt wird, wie in der Kriegsrhetorik. In einer Studie über die Veränderung politischer Einstellungen unter der öffentlichen Kriegsrhetorik zur Vorbereitung des Golfkriegs 1991 wurde festgestellt, „dass Angst die Ablehnung der alliierten Intervention und des Einsatzes deutscher Truppen in der Türkei verstärkte. Angst begünstigte ebenfalls Zustimmung zum Standpunkt der SPD-Opposition sowie indirekt eine kritische Haltung zur Regierungspolitik. Zudem kann eine Moderatorwirkung von Angst nachgewiesen werden: Angst sorgte nicht für einen wachsenden Einfluss langfristig stabiler Orientierungen auf die Bewertung von politischen Akteuren, sondern stärkte die Wirkung von kurzfristigen, auf die Haltung politischer Akteure zum Golfkonflikt bezogenen Orientierungen. Die vom Golfkonflikt ausgelöste Angst beeinflusste also die Richtung von politischen Einstellungen und deren Wirkungen.“ (Zitat: http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs11615-006-0082-2?LI=true) Der New Yorker Politikwissenschaftler Corey Robin geht noch weiter. Er hat in seinem Buch „Fear. The History of a Political Idea“ (Angst. Die Geschichte einer politischen Kraft) die These entwickelt, dass Angst seit der Moderne die Politik ersetzt, sobald kollektive Angstphänomene auftreten. Als typisches Beispiel führt er die Folgen des Terroranschlags auf das World Trade Center an: Nach dem Anschlag sei die Angst politisch instrumentalisiert worden. „Starke Männer“ hätten erklärt, dass sich die Nation gegen eine ständige Bedrohung von außen wehren müsse. Und dass sie, die starken Männer, die Garanten dafür seien, diese Bedrohung abwehren zu können.

Die Instrumentalisierung der Angst ist als enge Verbündete struktureller Gewalt innerhalb der Menschheitsentwicklung ständig gegenwärtig gewesen. Innerhalb seines Systems der Entwicklungsebenen beschrieb der Psychologe Clare Graves die gegenwärtige Situation als Übergang von der ersten Ordnung (die ersten sechs Werte-Meme zur zweiten Ordnung innerhalb der Entwicklungsspirale der Evolution:

Nachdem die menschliche Erkenntnis von begrenzten tierähnlichen Bedürfnissen und den zwingenden Überlebensforderungen (Beige in Spiral Dynamics), von der Angst vor Geistern (Purpur in Spiral Dnamics) und anderen räuberischen Menschen (Rot in Spiral Dynamics), von der Angst, die geheiligte Ordnung zu verletzen (Blau in Spiral Dynamics), von der Angst vor seiner Gier (Orange in Spiral Dynamics) und von seiner Angst vor sozialer Ablehnung (Grün in Spiral Dynamics) eingeengt war, ist sie nun (Anm.: in der zweiten Ordnung) plötzlich frei. Da seine Kräfte jetzt frei für eine Aktivierung des Denkens sind, kann sich der Mensch auf sein Selbst und seine Welt konzentrieren (Gelb, Türkis und alle folgenden Werte-Meme in Spiral Dynamics).“ (angemerkt in Klammern: entsprechende Bezeichnungen nach Beck / Cowen)

Angst ist also ein wichtiger Gradmesser für das Verhaftetsein in den beschriebenen Strukturen. Bei einem Anwachsen der Angst wird dieser Übergang in die zweite Ordnung der Entwicklungsspirale blockiert.

 arbeitslos Es handelt sich hier um die „gefühlte“ Arbeitslosigkeit, d. h. die bewußt wahrgenommene und zum Ausdruck gebrachte Realität des Lebens in Arbeitslosigkeit. Eine bestimmte Definition im statistischen Sinn – etwa eine bestimmte Mindeststundenzahl der Tätigkeit oder eine zeitliche Regelmäßigkeit – liegt diesem Verständnis nicht zu Grunde. Es handelt sich vielmehr um die Vermischung aller subjektiv und statistisch möglichen Begrifflichkeiten in einem Komplexbegriff. Insbesondere ist hierbei zu bedenken, dass psychologisch gesehen Verdrängungs- und Verlagerungsprozesse zu tendenziell geringeren Problemausprägungen führen, als sie nach den amtlichen Statistiken zu vermuten wären. Diese Problematik wurde bereits in den 1930er Jahren durch die StudieDie Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langandauernder Arbeitslosigkeit (1933) belegt. In der Untersuchung in einem Arbeiterort nahe Wien mit statistisch hoher Arbeitslosigkeit wurden die sozio-psychologischen Wirkungen von Arbeitslosigkeit aufgezeigt und deutlich gemacht, dass Langzeitarbeitslosigkeit nicht – wie vielfach angenommen – zu Revolte, sondern zu passiver Resignation führt. Hieraus erklärt sich die politisch halbherzige Behandlung der Arbeitslosigkeit, die zu einem großen Anteil Arbeitslosigkeit lediglich mit Ersatzmaßnahmen und Arbeitsgelegenheiten im Niedriglohnsektor bemäntelt.
Die Wertigkeit des Kriteriums Arbeitslosigkeit innerhalb des gesamten Problemraums bedarf einer komplexeren Betrachtung, bei der weitere Kriterien einzubeziehen sind, vor allem das Kriterium Anerkennung, das als Grundwert in die verfassungsmässig verbrieften Rechte des Menschen hineinreicht. Nach der Auffassung des Sozialphilosophen Axel Honneth geht es bei der Anerkennung um ein notwendiges Element von Gerechtigkeit, das neben die gerechte Verteilung ökonomischer Güter und eine verlässliche Rechtsordnung treten muss. Erst wenn Formen von Anerkennung, die mit der Sichtbarkeit sozialer Arbeit, mit der Erfahrung von Würde und Solidarität verbunden sind, einklagbar und politisch beschwerdefähig werden, können wir von einer Gesellschaft sprechen, deren Sinn sich nicht im mechanischen Nebeneinander erschöpft. Indem das wahre Ausmass der Arbeitslosigkeit durch die neoliberale Politik verschleiert wird, ist eine demokratische Korrektur der beschnittenen Rechte zur freien Entfaltung der Persönlichkeit (siehe hierzu Kritik in der ZEIT)für die von Arbeitslosigkeit Betroffenen blockiert.
 Armut Für den Begriff Armut gibt es keine allgemein gültige Definition. Eine Folge davon sind unterschiedliche Messverfahren und Beurteilungen von Armut, abhängig von der Interessenlage. Die Ergebnisse werden regelmäßig in Armutsberichten oder Armuts- und Reichtumsberichten präsentiert. Durch ihre Berichte konkurrieren insbesondere die Wohlfahrtsverbände mit der Bundesregierung. So wurde der gerade (April 2017) verabschiedete fünfte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung wegen seiner geschönten Darstellung von den Sozialverbänden und Teilen der Presse stark kritisiert.
Für die Beurteilung von Armut haben sich „Teilhabe“ und „Lebenslagen“ als Schlüsselbegriffe durchgesetzt, die eine differenzierte Betrachtung ermöglichen und vor allem unterschiedliche Bedarfszumessungen erlauben. Solche Lebenslagen führen dann zu neuen Arten von Armut, z. B. Altersarmut, Kinderarmut oder zu dem äquivalenten Begriff Erwerbsarmut für den geschichtlich geprägten Begriff der „working poor„. Als Indikatoren für Armut werden daher z. B. die zur Verfügung stehende Wohnfläche pro Kopf, die Arbeitslosigkeit, das Einkommensniveau, die Wohnumfeldbedingungen, der Gesundheitszustand, die demografische Struktur, das Bildungsniveau und die Relationen zwischen den Einkommensgruppen herangezogen. Einige dieser Kriterien werden auch in diesem Projekt als Problemfelder dargestellt.Die für die Armutserhebung leitenden Begriffe sind auch für die Sozialpolitik bestimmend, wobei hier zu beachten ist, dass eine Ungleichbehandlung vorgenommen wird, die Kinder in Armenhaushalten besonders berücksichtigt, indem ihnen über den materiellen Bedarf hinaus zusätzliche Mittel für die Teilhabe an bestimmten Freizeitaktivitäten neben der Teilnahme am Schulunterricht zur Verfügung gestellt werden. Dieser Praxis stehen Restriktionen gegen Arbeitslose gegenüber, so dass auch in dieser Relation eine Ungleichbehandlung besteht. Mit der Behandlung der Armut – nicht nur in Deutschland – ist in historischer Perspektive und unter der Forderung nach ethischer Rechtfertigung neben der Ausbeutung der Natur durch den Menschen eine politische Schicksalsfrage gestellt.
 teuer (verfügbares Einkommen) Die Hauptkriterien eines Preises, der bezahlt wird, sind typischerweise die Menge des Gutes, die Höhe des eigenen Einkommens, die Abhängigkeit vom Besitz der Ware (z. B. bei Lebensmitteln) oder / und persönlicher Geschmack, der Preis von möglichen Alternativen und komplementären Gütern (z. B. bei einem Auto der Verbrauch von Öl und Benzin, Steuern, Versicherungskosten usw.). Aus geschichtlicher Erfahrung lässt sich feststellen, dass der Anstieg von Preisen dann zum öffentlichen Problem wird, wenn die Aufwendungen für Lebensmittel, Kleider, Wohnung, allgemein gesprochen für die Grundversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs unerträglich werden. So wurden häufig Revolten und Revolutionen ausgelöst und Wahlen verloren und durch Verbesserung der Situation durch Wahlgeschenke (besonders beliebt: Rentenerhöhungen) kurz vor Wahlen umgekehrt auch Wahlen gewonnen.
Die Beurteilung des Preises eines Gutes hängt auf der Einkommensseite nicht nur von der Einkommenshöhe ab, sondern von dem verfügbaren Einkommen, d. h. von dem, was nach nach Begleichung regelmäßig zu leistender vertraglich geregelter Zahlungen (z. B. Stromkosten, Energiekosten, Miete usw.) noch für den Konsum übrig bleibt. Aufgrund überzogenen Lebensstils kann es daher trotz relativ hohen Einkommens zu der Klage kommen, die Lebenshaltungskosten seien zu hoch. Durch die Verleitung vieler Familien zum Erwerb von Eigenheimen ohne eigene Ersparnisse ist es in der Immobilienkrise, die sich schließlich im Jahr 2007 zu der weltweiten Finanzkrise ausgeweitet hat, zur Zerstörung vieler Existenzen gekommen.
 Scheidung (Familienprobleme) Mit Scheidung wird als letzte Konsequenz von Familienproblemen der Zusammenbruch der Familie erfasst. Genau genommen handelt es sich bei der Scheidung um die Auflösung einer ehelichen Rechtsbeziehung, die mehr und mehr durch andere Rechtsformen eheähnlicher Lebensgemeinschaften ersetzt wird. Durch die Auflösung der traditionellen Ehe entstehen jedoch auch Probleme für die Familie, denn auch dann, wenn keine gemeinsamen Kinder vorhanden sind haben sich im Freundes- und Bekanntenkreis sowie generationenübergreifend in der Familie Gefühlsbindungen eingestellt, die im Prozess der Scheidung neu bestimmt werden und oft auch wirtschaftliche Auswirkungen auf die Beteiligten haben. Besonders folgenreich ist die Scheidung, wenn Familien mit Kindern  unter zunehmenden sozio-ökonomischem Druck geraten sind, der auch oft zum Auslöser des Scheiterns der Ehe wird, und auf generationenübergreifende Familienbande angewiesen waren.  

Die Familie ist sowohl eine Institution als auch eine alltägliche Lebensform und zudem stets präsent – auch als „wärmendes Nest“ für das Ausagieren von Gefühlen. Mit dem Begriff ,Familie‘ verbinden sich gleichzeitig Erwartungen an Liebe, Zuwendung, Verlässlichkeit, Solidarität, Bindung usw., aber auch Erfahrungen von Gewalt, Abhängigkeit, Unterdrückung, Fessel, mangelnde Gleichberechtigung, Chancen-Verhinderung von Frauen im Erwerbssystem und von Männern im familialen Binnenraum, usw..

Private Gefühle verändern sich durchaus bei denselben Personen über die biografische Zeit, über positive oder negative Erfahrungen, Angst, Verletzungen, Gewalterfahrung, unerwartete oder vermisste Unterstützungsleistungen, Enttäuschungen usw.. Sie variieren über Alter, Lebensabschnitt, Region, aktuellem Single- oder Familienstatus.

Die tiefgreifenden politischen, ökonomischen und demografischen Veränderungen der Industriegesellschaften in der ausgehenden Moderne haben auf das anfällige Geflecht der Familie tiefgreifende Wirkungen. Im siebten Familienbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2006 wird der sich damit abzeichnende Wandel der Familie in seiner sozialhistorischen Bedeutung mit dem Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft verglichen. Auswirkungen dieser Umwälzungen sind daher auch in anderen Gesellschaftsbereichen festzustellen. Der achte Familienbericht aus dem Jahr 2012 stellt hieran gemessen einen Rückzug des Staates aus der Gestaltung dieses Prozesses dar, indem auf die „schwarze Null“ des Bundesfinanzministers als vorrangigem Ziel verwiesen wird. Familienpolitik nach Kassenlage kommt jedoch einer gesellschaftlichen Auslieferung der Mehrheit der Bevölkerung an die „Kräfte des Markts“ gleich.

Das Problemfeld Familie hat als grundlegende soziale Struktur Auswirkungen in allen sozialen und ökonomischen Problemfeldern und kann bei der Interpretation anderer Indikatoren in den meisten Fällen unterstützend mitbetrachtet werden.

 Miete (Wohnungsprobleme) Wohnen gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Häuser in ihrer primitivsten Form waren frühere Zeugnisse menschlicher Kultur als irgendeine Art von Töpferware. Während die aktiven Männer und Frauen der Jungsteinzeit als Jäger und Sammler die Wälder durchstreiften bestand für die Jugend, die Kranken und Alten das Problem einer sicheren Behausung, in der sie liebevoll gepflegt werden konnten. So waren die ersten festen Behausungen, die in Mesopotamien gefunden wurden, einfache Erdlöcher, deren Wände von der Sonne hart gebrannt wurden. Auch in den späteren bäuerlichen Kulturen blieben die Wohnverhältnisse eher primitiv. So waren im Griechenland des 4. Jahrhunderts Häuser lediglich leichte Bauten aus Holz und luftgetrocknetem Lehm. Die Mauern waren so dünn, dass ein Einbrecher am einfachsten ein Loch durch die Wand grub. Mit dem allmählichen Wandel einzelner Dörfer zu Städten und der damit verbundenen sozialen Schichtung der Bevölkerung entwickelten und differenzierten sich auch die Wohnverhältnisse. Auf anschauliche Weise zeigen sich die Ergebnisse dieser Entwicklung im antiken Rom. Eine Oberschicht, bestehend aus etwa 1800 Patrizierfamilien lebte in großen palastartigen Besitzungen mit weitläufigen Gärten und Häusern, die eine große Zahl von Freigelassenen und Sklaven beherbergten. Die Angehörigen der Mittelschicht wohnten in Miethäusern, für die hohe Mieten gezahlt werden mußten. Die große Masse des Proletariats jedoch lebte in etwa 46 000 Mietskasernen, den Insulae. Der Bau dieser Insulae war ein Spekulationsgeschäft, aus dem betrügerische Bauunternehmer und profitgierige Hauseigentümer riesige Gewinne zogen.

Die menschenunwürdigen Wohnverhältnisse in Rom fanden zwar unter den römischen Schriftstellern ihre Kritiker, doch änderte sich an den Verhältnissen nur wenig. So läßt Plutarch Tiberius Gracchus sprechen: „Die wilden Tiere auf dem Felde und die Vögel in der Luft haben ihre Höhlen und Verstecke, aber den Menschen, die für Italien kämpfen und fallen, werden nur Licht und Luft als Segnungen zuteil.“ Überfüllte Häuser wurden schließlich im aufstrebenden Europa von Neapel bis Edinburgh üblich. Erst mit der im 19. Jh. einsetzenden Sozialkritik und der damit verbundenen modernen Stadtplanung wurden die gröbsten Mißstände gemildert.

In seiner „Anatomie der menschlichen Destruktivität“ schreibt Erich Fromm: „Der Mensch hat im Verlauf seiner Geschichte bis heute kaum jemals in seinem natürlichen Habitus gelebt, mit Ausnahme der Jäger und Sammler und der ersten Ackerbauern bis zum 5. Jahrtausend vor Christus. Der zivilisierte Mensch hat immer im Zoo gelebt, d. h. in einer nur gradmäßig unterschiedenen Gefangenschaft und Unfreiheit, und dies gilt auch noch heute….

An der Entstehung von Aggressionen sind aus psychologischer Sicht die Wohnbedingungen der Menschen in erheblichem Maße beteiligt. Nicht nur enges Aufeinanderleben, Dichtestress, auch fehlende Intimzonen und Handlungsbeengung gehören zu den Ursachen. Die Auswirkungen sind jedoch individuell unterschiedlich. Introvertierte Menschen benötigen z. B. mehr Abstand als Extrovertierte, Europäer mehr als Asiaten, Deutsche mehr als Briten. Dem amerikanischen Anthropologen Dr. Edward T. Hall folgend, der den Begriff Proxemik hierfür prägte, unterscheidet Julius Fast in seinem Buch „Körpersprache“ intime Distanz, persönliche, gesellschaftliche und öffentliche Distanz. Untersuchungen der individuellen Distanz-Zone von Gewalttätern, die behaupteten, ihr „Gegner“ habe sich mit ihnen angelegt, führten zu dem Ergebnis, dass diese Menschen tatsächlich ein bis zu viermal so großes Distanzbedürfnis hatten als normale Probanden.

Die Versorgung mit Wohnraum ist statistisch gesehen in den westlichen Industrieländern kein grundsätzliches Problem. So standen im Durchschnitt jedem Einwohner in Deutschland im Jahr 2006 42,9 qm Wohnfläche zur Verfügung. Jedoch gibt es zwischen ländlichen Räumen und Agglomerationen ein erhebliches Gefälle. Darüber hinaus ist die Wohnraumversorgung einzelner Bevölkerungsgruppen durchaus als prekär zu bezeichnen. Zu diesen Gruppen gehören insbesondere Hartz-IV-Empfänger, alte Menschen und Großfamilien. Die kommunalen Maßstäbe für die Übernahme der Kosten für die Unterkunft bei Hartz-IV-Empfängern führen zu regionalen Unterschieden in der Wohnungsversorgung. Dort wo strenge Maßstäbe angelegt werden, kommt es tendentiell zum Mangel bei kleineren Wohnungen.

Auf Grund der insgesamt sehr differenziert zu betrachtenden Verhältnisse im Wohnungsmarkt gewinnen auch das Wohnumfeld und weiche Kriterien wie die Nachbarschaft und das soziale Umfeld für die Wohnungswahl Bedeutung.

Die höhe der Mieten wird in Ballungsgebieten mit starker wirtschaftlicher Expansion zu einem zunehmenden Problem, da für viele öffentlich geförderte Wohnungen – sogenannte Sozialwohnungen – die gesetzliche Mietpreisbindung ausläuft. Die Fähigkeit zur Aufbringung der hohen Mieten bei gleichzeitig wachsenden Mietnebenkosten ist neben der Einkommensverteilung zu einem bedeutenden sozialen Kriterium geworden (siehe oben zu Armut).

 langweilig (Freizeitprobleme) Der Begriff „Freizeit“ entstand mit der Industrialisierung und ist erst seit dem ausgehenden 19. Jh. in der deutschen Sprache gebräuchlich. Eine erste Umschreibung seiner Bedeutung stammt von Karl Marx, der die freie Zeit als die Zeit für das Individuum bezeichnete, das dadurch „in ein andres Subjekt verwandelt“ werde.

Freizeit ist in diesem Verständnis die arbeitsfreie Zeit und sie wird auch heute noch so gemessen. So stellte das Statistische Bundesamt im Jahre 2006 z. B. fest, dass die Deutschen im Durchschnitt jeden Tag 156 Minuten den Fernsehapparat nutzten, 160 Minuten Radio hörten (als Begleitmedium), 49 Minuten im Internet surften, 22 Minuten Zeitung lasen, 15 Minuten Zeitschriften lasen und 10 Minuten Bücher lasen. Jedes Jahr gingen die Deutschen 20,2 Mio. Mal ins Theater und 12,4 Mio. Mal zu einem Spiel der Fußball-Bundesliga. Und man glaubte zu wissen, dass noch mehr Menschen zu den Gottesdiensten der Kirchen gehen, als zu Fußballspielen.

Dennoch beklagen sich viele Menschen darüber, dass sie zu wenig Zeit haben, und dies obwohl die Arbeitszeiten in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter verkürzt wurden. Die Gründe hierfür liegen in einem inoffiziellen Anstieg der Arbeitszeit (Überstunden, Fahrten zur Arbeits- oder/und Einsatzstelle, Bereitschaftszeiten). Daneben hat sich der Umgang mit Zeit in Folge neuer Technologien (Computer, Mobiltelefon) verändert. Es wird nun versucht, mehr gleichzeitig zu machen und so die Produktion und den Umsatz zu erhöhen. Hierdurch entsteht mehr Streß in der Arbeitszeit. Ein weiterer Grund ist, dass mehr und mehr kostenfreie Serviceleistungen für Verbraucher wegfallen und nun von diesen selbst übernommen werden. So wurde z. B. das Ausfüllen einer Banküberweisung früher am Schalter kostenlos miterledigt, heute füllen wir die Banküberweisung selbst zu Hause aus oder überweisen sie per Internet. Ein weiteres Beispiel sind die Mitnahmemöbel, die in zeitraubender Selbstmontage zu Hause zusammengefügt werden müssen. Durch diese Verlagerungen wird heute jeder Mensch gezwungen, viel zu tun und viel zu lernen.

In der noch als eigentliche Freizeit erlebten Freizeit wollen die Menschen dann noch oft mehr erleben als zuvor und so kommt es dann zum Freizeitstress. Um diese Menschen konkurrieren die neu geschaffenen Erlebniswelten, die sich „die Wiederverzauberung der Welt durch den Konsum“ zum Ziel gesetzt haben. Sie operieren an der Schnittstelle von Freizeit, Unterhaltung, Kultur, Konsum, Sport und Tourismus (z. B. die Autostadt Wolfsburg). Jedoch buhlt seit einigen Jahren ein weiteres Marktsegment um die stressgeplagten Freizeit-Verbraucher: die Wellness– und Fitness-Industrie. Sie hat es verstanden, ein neues Gesundheits- und Wellness-Bewußtsein zu wecken, dass zu einem Wachstumsmarkt geführt hat.

Eine neue Perspektive der Freizeit hat sich im Rahmen der Armutsforschung in Deutschland gezeigt. Als eines der wichtigsten Ergebnisse ihrer Untersuchung der Lebensbedingungen von Kindern in Deutschland stellten die Forscher den engen Zusammenhang zwischen dem „Spaß-Bereich“ Freizeit und dem „Ernst-Bereich“ Schule heraus. Kinder, die sehr vielfältige Freizeitbeschäftigungen angeben, schätzen ihre Bildungsperspektiven auch als sehr gut ein. Vielseitig bedeutet hierbei z. B. sportliche Aktivitäten, basteln, musizieren, Ballett bei mäßigem Gebrauch elektronischer Medien wie Fernsehen oder Computer. Dem steht ein eher passiver Freizeittyp mit hohem Fernseh- und Videokonsum gegenüber. Bei letzterem wurde eine niedrigere Bildungsmotivation und eine niedrige Selbsteinschätzung der Bildungschancen festgestellt.

Kinder, deren Eltern als arm gelten, gehören überdurchschnittlich häufig zum „passiven Freizeittyp“. Sie haben weniger Erfolg in der Schule, fühlen sich dort seltener wohl und klagen öfter über Isolation und fehlende Freunde. Neben dieser sozialen Schichtung gibt es jedoch ein Gefälle zwischen den Geschlechtern. Mädchen gehören zu den aktiveren Freizeitgestaltern als Jungen.

So hat Freizeit viele Facetten und ist ständigen Wandlungen unterworfen und könnte – so wie sie mit der industriellen Arbeit entstanden ist – mit der Wandlung der Arbeit in einer postindustriellen Gesellschaft schließlich durch andere Lebensäußerungen abgelöst werden. Eine dieser Möglichkeiten ist vielleich schon im Entstehen: Das Spiel. Seine Bedeutung wurde bereits in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts von dem Historiker Johan Huizinga erkannt. Heute ist es bereits in Verbindung mit dem Home-Computer, Spielekonsolen und Handys zu einem bedeutsamen Wirtschaftsfaktor geworden, dessen Umsätze mit denen der Filmindustrie vergleichbar sind.

Die Angebote der traditionellen Freizeitaktivitäten im Sport- und Fisnessbereich, durch Film und Fernsehen, im Musik- und Theaterbereich sind neben den neuen elektronischen Medien sowie im Touristiksektor sind ebenfalls gut aufgestellt, so dass auf der Angebotsseite kaum Engpässe zu erwarten sind.

Die bereits zum Thema Armut erwähnte Ausstattung der Kinder mit speziellen staatlichen Zuschüssen zu Freizeitaktivitäten hat auch eine wirtschaftliche Seite, die auf mögliche Engpässe auf der Nachfrageseite hinweist. Diese bestehen allerdings nicht nur in zu geringem Einkommen, sondern auch in der zeitlichen Inanspruchnahme am Arbeitsplatz. Der Indikator Langeweile kann aus den genannten Gründen nicht eindeutig interpretiert werden. Er kann sowohl auf mangelnde Angebote oder zu teure Angebote, aber auch im persönlichen Bereich auf Demobilisierung und Antriebslosigkeit hinweisen. In jedem Fall deutet sich in einem überdurchschnittlichen Wert ein ernstes Problem an, dem nachzugehen ist. 

krank (Gesundheitsprobleme) Eine griffige Definition besteht im allgemeinen Sprachgebrauch nicht. In den meisten Fällen ist mit dem Begriff eine Einschränkung des individuellen Befindens gemeint, die zu Einschränkungen oder Aufgabe gewohnter und notwendiger Tätigkeiten führt. Eine Definition durch den Gegenbegriff „gesund“ gestaltet sich ebenso schwierig. Auch die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt nicht zu griffigen Ergebnissen.

In dem hier erfassten Begriff sind sowohl subjektive Selbstauskünfte und Fremdbeurteilungen enthalten wie auch „objektiv“ erfasste Urteile (ärztliche Feststellungen, amtliche Zeugnisse), die den körperlichen, geistigen und psychischen Zustand einer Person oder Personengruppe zum Gegenstand haben. Entsprechend unscharf sind die Ergebnisse zu werten, die dieser Indikator ergibt. Er ist in erster Linie zur Unterstützung anderer Indikatoren, wie z. B. Armut oder Arbeitslosigkeit, geeignet. Bei Vergleichen von Orten mittels des Indikators „krank“ kann es auf Grund der Gesundheits-Infrastruktur leicht zu Verzerrungen kommen.

Gewalt Der Begriff „Gewalt“ ist nur aus den jeweils vorliegenden historischen und sozialen Zusammenhängen zu deuten. Vom Ursprung her ist er wertneutral und bezeichnete allein die Fähigkeit zur Durchführung einer bestimmten Handlung. Die heute gebräuchlichen Anwendungen des Begriffes sind wesentlich vom Erkenntnisinteresse des sprachlichen Ausdrucks bestimmt. Dieses kommt oft in entsprechenden Wortzusammensetzungen wie „Staatsgewalt“, „Gewaltenteilung“ oder „Gewaltmonopol“ zum Ausdruck.

Ein der Moderne adäquater Ausdruck für Gewalt ist der von dem Friedensforscher Johan Galtung eingeführte Begriff der „strukturellen Gewalt„. Mit diesem Begriff wird der Erkenntnis Rechnung getragen, dass einer für jeden sichtbaren äußeren Gewalt in der Regel eine strukturelle Gewalt vorausgeht. Nach Galtung ist strukturelle Gewalt „die vermeidbare Beeinträchtigung grundlegender menschlicher Bedürfnisse oder, allgemeiner ausgedrückt, des Lebens, die den realen Grad der Bedürfnisbefriedigung unter das herabsetzt, was potentiell möglich ist“.

Der so erweiterte Gewaltbegriff bekam seit den 60er Jahren des 20. Jh. eine wichtige Bedeutung z. B. in der politischen Auseinandersetzung mit dem Staat und der Bewegung der antiautoritären Erziehung. In der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Situation kommt der Gewalt eine überragende Bedeutung im Bewußtsein der Menschen zu. Verantwortlich hierfür sind zahlreiche kriegerische Auseinandersetzungen mit ihren Folgen für die Zivilbevölkerung, deren Existenz durch die allgegenwärtigen Medien rund um die Erde verbreitet werden, Terroranschläge, die zur Richtschnur staatlichen Handelns geworden sind, mediale Vermarktung roher Gewalt in Form von Filmen, Computerspielen, Videos und die Verbreitung privater Gewalt in sozialen Netzwerken.

Auf der vorbereitenden Ebene der strukturellen Gewalt werden u. a. die im sogenannten Raubtierkapitalismus herrschenden Prozesse oder die „häusliche Gewalt“ gegen Kinder als Ursachen für physische Gewaltausbrüche angesehen. Hierin werden sowohl kollektive wie auch ganz individuelle Verhaltensmuster sichtbar. Wenn z. B. der Präsident eines Großkonzerns die Kapitalrendite nicht um wenigstens 15 Prozent erhöhen kann und den Börsenwert um ein Drittel, dann ist seine Position an der Spitze des Unternehmens gefährdet. Die strukturelle Gewalt des entfesselten globalen Kapitalismus ist der Motor, der von Machtwillen, Gier und unglaublicher Dynamik getrieben wird (so Jean Ziegler bei der Protestkundgebung zum G8-Gipfel in Heiligendamm).

Ein weiterer Erklärungsansatz für zunehmende Gewalt in der Gesellschaft und insbesondere in Form des Rechtsextremismus ist die mit der Leistungsgesellschaft im globalisierten Kapitalismus gekoppelte Beziehungskälte: „Wer immer siegen muss, schafft automatisch Verlierer„. Pschoanalytische Erklärungsversuche sehen eine wesentliche Ursache in der repressiven oder lieblosen Behandlung der Kinder. Kinder müssen heute sehr schnell bestimmte Leistungen erbringen und an sie gestellte Erwartungen erfüllen. Hieraus entstehen Beziehungsarmut und Beziehungslosigkeit. Bei den Kindern entstehen Kränkungen, Demütigungen und Einengungen, die zu berechtigten Agressionen führen. Diese Agressionen werden jedoch wiederum unterdrückt. In der weiteren Entwicklung entsteht ein Gefühlsstau, der im günstigen Fall durch einen guten sozialen Status aufgefangen wird. Wird aber der soziale Status in Frage gestellt, dann ist die soziale Ausgleichsmöglichkeit nicht mehr da, und man sucht sich Abfuhrmöglichkeiten. In der Psychologie ist bekannt, dass dann der Schwächere, dem man etwas antun kann, als Sündenbock herhalten muss.

Der Schauspieler und Autor Jochen Senf erklärt nach seinen persönlichen Erfahrungen häusliche Gewalt als „Trick der Patriarchen„, der darin bestehe „strukturelle Gewalt immer wieder zu individualisieren. Wenn der Sohn in der Schule sitzen bleibt, ist das nach Ansicht der Täter nicht das Ergebnis repressiver Gewalt, sondern der Sohn ist dumm und faul. Und wenn die Sekretärin nicht mal nach einer Kündigungsdrohung mit ihrem Chef schlafen will, ist sie zickig und muss gemobbt werden. Oder der Chef behauptet, sie wäre verklemmt.

Auf der Ebene des Staates wird durch den Aufbau von neuen Feindbildern (Taliban, Terrorismus, Sozialmißbrauch) und den hiermit begründeten Eingriffen in bürgerliche Freiheiten eine neue Bedrohungslage geschaffen, die direkt wie indirekt strukturelle Gewalt darstellt.

Mobilität Der Begriff Mobilität steht hier für Beweglichkeit und Flexibilität im umfassenden Sinne. Geografische und soziale Mobilität sind eng verknüpft, wie es z. B. in Goethes „Italienischer Reise“ zum Ausdruck kommt: „Ein anderer werden, mit Roms Hilfe„. Der Begriff kann den Abfragebegriff „Offenheit“ in seiner Aussagekraft unterstützen.
Als Probleme und Hindernisse für Mobilität im weiteren Sinne kommen sowohl persönliche wie auch gesellschaftliche und äußere Gründe in Betracht. Persönliche Gründe können z. B. angeborene oder erworbene Behinderungen, familiäre Bindungen (Kinder, Partner, Familienpflege) oder fehlende Qualifikationen sein. Gesellschaftliche Gründe liegen oft im Verborgenen, da sie offiziell laut Gesetz nicht existieren dürfen, unter Vorwänden jedoch durchaus existieren. Beispiele hierfür finden sich vor allem in der Besetzung von Arbeitsstellen durch Frauen, ebenso bei deren Bezahlung. Schließlich gibt es eine Vielzahl von Gründen, warum die Erreichbarkeit bestimmter Orte eingeschränkt ist. Ursache können fehlende Verkehrsverbindungen im öffentlichen Nahverkehr, fehlende Verknüpfungen der Verkehrsträger oder ungünstige Fahrzeiten sein. Im Individualverkehr kommen z. B. Staus und unbestimmte Fahrzeiten sowie fehlende Parkmöglichkeiten als äußere Ursachen in Betracht.Aus den angeführten Beispielen wird ersichtlich, dass die Einschränkungen der Mobilität ineinander verwoben sein können und bis hin zu Blockaden führen. Vor diesem Hintergrund läßt sich moderne Mobilität allgemein wie folgt definieren: als Bereitschaft zur Veränderung im geografischen und/oder sozialen Raum und als Fähigkeit eines Akteurs, die Richtung der eigenen Bewegungen (mit) zu beeinflussen. Sprichwörtlich kommt diese moderne Idee in der Metapher für einen geplanten Stellenwechsel zum Ausdruck:“Ich verändere mich“.Unter den Bedingungen des Informationszeitalters und der Globalisierung verändert sich das beschriebene Definitionsmuster dahingehend, dass geografische Ortswechsel nicht mehr Voraussetzung für soziale Veränderungen sind. Wer heute also beweglich ist, muss sich nicht unbedingt im verkehrlichen Sinne bewegen und umgekehrt muss auch nicht jemand, der viel reist unbedingt über sich dauernd verändernde Sozialkontakte verfügen.Mobilität befindet sich im Umbruch. Während die Mehrzahl der Menschen noch dem modernen Muster folgt, soziale Kontakte durch Bewegung im verkehrlichen Sinne herzustellen und elektronische Kontakte noch einen geringen Anteil im sozialen Leben ausmachen, werden z. B. bei Journalisten und IT-Mitarbeitern neue Wege beschritten.
Offenheit (Veränderungsbereitschaft) Für bewusste Veränderungen ist ein Mindestmaß an Offenheit erforderlich. Der Mensch lebt zwar in einem potenziell offenen System von Bedürfnissen, Werten und Hoffnungen, jedoch neigt er dazu, sich in einem scheinbar geschlossenen Zustand einzurichten und seine Aktivitäten hierauf zu konzentrieren. Diesen Zustand können nur mächtige Kräfte stören, da die Konkurrenz um Aufmerksamkeit in der medialen Welt sehr groß ist. Und selbst wenn dies gelingt, ist Veränderung keinesfalls sicher, denn im menschlichen Empfindungssystem sind ebenfalls dynamische Kräfte wirksam, die gegen äußere Einflüsse abgeschirmt sind.

Das menschliche Veränderungspotential läßt sich auf einer kontinuierlichen Skala von offen über blockiert bis hin zu geschlossen darstellen. Hierbei ist der Zustand „offen“ die gesündeste Form mit den größten Anpassungsmöglichkeiten. Die persönliche Lebensgeschichte und die Fähigkeiten fördern das Voranschreiten. Das Denken ist den sich ändernden Realitäten und deren Bedingungen angepaßt. Hindernisse stellen keine Blockade dar.

Im Zustand „blockiert“ fehlen notwendige Einblicke in Zusammenhänge, die für die Überwindung von Hindernissen erforderlich sind. Das Festhalten an der Situation wird durch Entschuldigungen gerechtfertigt. Dieser Zustand kann nur durch eine relativ große Dissonanz verändert werden.

Der geschlossene Zustand beruht auf psychologischer Blindheit, die z. B. auf mangelnder persönlicher Ausstattung mit Intelligenz oder durch Traumata hervorgerufen sein kann. Hier liegt völlige Unfähigkeit vor, Hindernisse zu erkennen, geschweige denn zu überwinden. Im Gegenteil: Im Geschlossenen Zustand wird Veränderung grundsätzlich als Bedrohung empfunden und bekämpft.

Die Bereitschaft neue Formen des Seins anzunehmen drückt sich im offenen Zustand z. B. durch folgende Verhaltensweisen aus:

Persönliche Differenzen werden in einem Klima frei von Gewohnheitsmustern und unüberprüften Annahmen geäußert.
Veränderungen werden als unausweichlich angesehen. Mensch ist zwar flexibel, springt aber nicht gleich auf jeden fahrenden Zug auf.
Offenes Denken erkennt an, dass äußere Faktoren eine große Rolle dabei spielen, ob Menschen Veränderungen leicht- oder schwerfallen.
Offenes Denken befähigt dazu, sich in verschiedenen Milieus gleichzeitig zu bewegen.
Menschen mit offener Haltung sind meistens gute Zuhörer, sie werten das Leben nicht ab, üben Toleranz gegenüber Unterschieden und haben ein weites Interesse.

Nachhilfe (Schulprobleme) Wissen ist Macht„; diese Parole der alten Sozialdemokratie hat uns einen hohen Stellenwert des Bildungssystems gebracht. Das damit verfolgte Ziel wurde von den Eltern der arbeitenden Bevölkerung ihren Kindern etwa mit den Worten näher gebracht: „Lernt erst einmal etwas Vernünftiges, damit ihr es einmal besser habt als Eure Eltern„. Der Glaube daran ist verflogen. Eine klare Linie von der Schule über das Studium zum gehobenen Lebensstandard gibt es nicht mehr. Im Gegenteil: Viele Jugendliche laufen Gefahr ins Leere zu lernen und es meldet sich eine Philosophie zu Wort, die verkündet: „Erst wollen wir es einmal besser haben, um etwas Vernünftiges lernen zu können.“ (Frei nach Peter Sloterdijk: „Kritik der zynischen Vernunft„)

Die Situation schreit also nach Veränderung, wie man es auch wendet. Eine nüchterne Bestandsaufnahme des deutschen Schulsystems sieht etwa wie folgt aus:

1. Hauptschulen werden zunehmend zu Sammelbecken für Jugendliche mit problematischer Entwicklung. Viele bleiben ohne Abschluss; und selbst mit Hauptschulabschluss bekommen sie kaum einen Ausbildungsplatz.

2. Der Bevölkerungsrückgang führt zur Schließung vieler Schulstandorte, so dass die Aufrechterhaltung des gegliederten Schulsystems in ländlichen Regionen bereits nicht mehr möglich ist.

3. Deutschland belegt mit seiner Abiturientenquote im internationalen Vergleich Platz 25. Das Schulsystem ist damit zum Risikofaktor für die wirtschaftliche Grundlage der Gesellschaft geworden.

4. Das Unterrichtssystem entspricht nicht mehr den Erkenntnissen der Hirnforschung. Die Gehirnaktivität in dem üblichen fragend entwickelnden Unterricht ist wesentlich geringer als in systematisch selbstgesteuerten Lernprozessen, die zu einer Anerkennung des Schülers führen.

5. Der Schulerfolg hängt stark von der Herkunft der Schüler ab. Besonders deutlich wird dies bei Einwandererkindern.

6. Das heutige Schulsystem stammt aus dem Ständesystem des Kaiserreichs und entspricht nicht dem Menschenbild des demokratisch verfaßten Staates. Die Problematik ist seit der Reichsschulkonferenz 1920 unverändert Zankapfel politischer Lager und wird somit von den Parteien blockiert.

Der als hinweisend auf diese Probleme gewählte Abfragebegriff beschreibt die Konsequenz aus der deutschen Schulmisere, nämlich den Ersatz des staatlichen Unterrichts durch privaten Unterricht. Hierdurch kommt es zu einer Ungleichstellung von Kindern solcher Eltern, die sich privaten Unterricht nicht leisten können und es ergibt sich auch hier die Frage, ob diese Verfassungswirklichkeit noch im Rahmen des Grundgesetzes hinzunehmen ist. Darüber hinaus haben reiche und bildungsorientierte Eltern zunehmend von der Möglichkeit privater Schulen Gebrauch gemacht, die bis in den Grundschulbereich hineinreichen.

Verschmutzung (Umweltprobleme)  Umweltbewusstsein hat viele Facetten – nicht nur in der öffentlichen Diskussion, sondern ebenso im wissenschaftlichen Verständnis. So unterscheidet die sozialwissenschaftliche Umweltforschung vier Komponenten des Umweltbewusstseins: den Kenntnis- und Informationsstand über umweltrelevante Themen, allgemeine Einstellungen zum Umweltschutz, Verhaltensintentionen bzw. Handlungsbereitschaft sowie das tatsächliche Umweltverhalten. Alle diese Aspekte sind an der Herausbildung des hier erfaßten Problemkomplexes Umwelt beteiligt. Der hier erhobene Wert kann daher nur einen sehr groben Eindruck von der örtlichen Umweltsituation und dem Umweltbewußtsein liefern.
Nach Untersuchungen im Auftrag des Umwelt-Bundesamtes hatte das Umweltbewusstsein bis zum Jahr 2006 einen Höchststand erreicht, der ab diesem Zeitpunkt wieder zurückging und nur 2012 durch die Reaktorkatastrophe in Japan 2011 und den nachfolgenden Beschluss zum Ausstieg aus der Atomenergienutzung in Deutschland unterbrochen wurde. Nach den Ergebnissen der vom Umwelt-Bundesamt regelmässig durchgeführten Feststellung des Umweltbewusstseins in Deutschland  stehen lokale Umweltprobleme heute weniger im Vordergrund als noch vor zehn Jahren. Globale sowie soziale Zusammenhänge werden deutlicher wahrgenommen. Mittlerweile kann eher von Nachhaltigkeits– denn von Umweltbewusstsein gesprochen werden. „Gleichzeitig hat offenbar die Bereitschaft zu umweltfreundlichem Konsum in den letzten zwei Jahrzehnten abgenommen, insbesondere in der jüngeren Generation … Zwei Gesichtspunkte sind dabei zu berücksichtigen: Zum einen ist den Menschen mehr und mehr bewusst, dass sich die Herausforderungen nicht durch einzelne Verhaltensänderungen bewältigen lassen, sondern nur durch gesamtgesellschaftliche Veränderungen, die weit über einen individuellen nachhaltigen Konsum hinausgehen. Zum anderen orientieren sich die Menschen in ihrem Konsumalltag vermehrt an Kosten und Bequemlichkeit.“ (zitiert nach dem Bericht des UBA von 2016)
Diese Feststellungen des Umweltbundesamtes lassen für die Ergebnisse zu dem Indikator „Verschmutzung“, der eher auf lokale Umweltbelastungen abzielt, geringe Werte erwarten.
Rassismus Rassismus kann es nur geben, wenn die Existenz von Rassen im biologischen Sinn als gegeben angesehen wir. Zu der Frage, ob es Rassen gibt, hat es eine geschichtliche Entwicklung gegeben, die eng mit der Entwicklung der Naturwissenschaften verbunden ist. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war die Einteilung der Lebewesen in Arten, Gattungen, Rassen und Familien in der Wissenschaft sehr umstritten. Am Ende dieses Diskussionsprozesses steht eine Einteilung der Natur, die der Handhabung der Natur in den Wissenschaften dient, aber keine Gültigkeit als Ordnung der Natur beanspruchen kann, oder anders gesagt: Diese Ordnung spiegelt den menschlichen Geist der Wissenschaft wider, aber nicht den der Natur.
In diesem Ordnungssystem spielt der Rassenbegriff dort, wo es um die Beschreibung der natürlichen Welt geht, kaum eine Rolle, sondern er bezieht sich vor allem auf Tierarten, die durch Domestikation und Zucht vom Menschen neu erschaffen wurden. Daher sprechen wir von Hunde- oder Katzenrassen, nicht aber von den Rassen der Bären oder Pinguine.“  (Geulen, Christian. Geschichte des Rassismus, Beck’sche Reihe)
Der Begriff „Rasse“ trat ab dem 15. Jahrhundert vermehrt auf, wo es um die Beschreibung machtvoller Adelsfamilien oder herrschaftlicher Dynastien ging und dort, wo es um Pferdezucht ging. Mit diesem Begriff sollten Eigenschaften wie Nobilität, Größe und edle Abkunft ausgedrückt werden.
Im Spanien der Reconquista wurde der Rassenbegriff dann zum ersten Mal, mit Bezug auf die Juden, zur Unterscheidung von Menschengruppen gebraucht, die sich nicht mehr durch einen noblen Stammbaum vom niederen Volk abheben, sondern sich horizontal und durch die weitergefaßten Momente der Religion, Kultur und Herkunft voneinander unterscheiden“ (Zitat Geulen, ebd.). Erst ab dem späten 18. Jahrhundert gab es vermehrt Versuche, die Ungleichheit der Menschen durch physiologische Merkmale zu beschreiben. Aus diesen Versuchen erwies sich der Rassenbegriff als der beständigste, der bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts allgemein akzeptiert wurde. Bis in die Gegenwart wird in den Naturwissenschaften seitdem gestritten, ob die Beibehaltung des Begriffs „Rasse“ für Menschen sinnvoll ist, obwohl genetische Belege für eine solche Unterscheidung fehlen.Die Langlebigkeit des Rassebegriffs im Bezug auf den Menschen hängt mit der Vielzahl der Theorien zur Beschreibung der „Rassen“ zusammen, die jeweils nach Diskussionsstand angepasst werden können. Auch hieran wird deutlich, dass es sich bei der Verwendung des Begriffs für Menschen um mehr oder weniger willkürliche menschliche Setzungen handelt, wie die gesamte Nomenklatur der Lebewesen menschliche Setzung ist. Zwangsläufig schleichen sich damit Machtverhältnisse in die Wissenschaft ein, die aufgrund der geringen Transparenz des Wissenstransfers in die Gesellschaft ihre Wirkung im Verborgenen entfalten. Es ist deshalb dringend geboten, die Wissenschaft aus ihrem Elfenbeinturm herauszuholen und die Forschung engagierter Laien öffentlich zu fördern, wie es z. B. der Biologe Rupert Sheldrake in seinem Buch „Der Wissenschaftswahn“ vorschlägt.Wer Menschen wegen ihrer Hautfarbe oder sonstwie von den eigenen Vorstellungen abweichenden Physiognomischen Eigenschaften abqualifiziert, bewegt sich in der Regel außerhalb der oben angesprochenen Diskussion in den Wissenschaften und stellt sich außerhalb jeder rationalen Kommunikationsmöglichkeit. Bezeichnend ist es auch, dass diese Form der Rassenhygiene oft mit einem stark nationalsozialistisch anmutenden Weltbild verbunden ist.
Drogen (psychische Gesundheit)  Jede Kultur hat ihre Drogen. In der westlichen Welt ist es Alkohol, der als legales Rauschmittel von Urzeiten an kultiviert wurde und heute als schädlichste Droge erkannt ist, dessen Konsum jedoch über den Jugendschutz hinaus nicht reglementiert wird. Daneben spielen auch das Tabakrauchen und der Gebrauch psychoaktiver Drogen – vor allem Cannabis – eine bedeutende Rolle.
Über die möglichen Suchtwirkungen dieser Drogen ist in der Wikipedia zu lesen: „Ein Abhängigkeitssyndrom durch psychotrope Substanzen (auch: Drogenabhängigkeit, Drogensucht, Drogenmissbrauch) bezeichnet eine Gruppe von Störungen der Psyche und des Verhaltens aufgrund wiederholter Einnahme psychotroper Substanzen. Typisch ist ein starkes, periodisch oder dauerhaft auftretendes Substanzverlangen, eine fortschreitende Vernachlässigung anderer Verpflichtungen oder Aktivitäten, sowie teilweise Kontrollverlust und zwanghafter Substanzkonsum. Substanzabhängig unterschiedlich stark ausgeprägt, kommt es dabei meist zur Toleranzerhöhung und körperlichen und psychischen Entzugserscheinungen.[1][2] Da alle Substanzen innerhalb einer sozialen Struktur eingenommen werden, ist die Abhängigkeit im Kontext komplexer Wechselwirkungen seelischer, sozialer und körperlicher Prozesse zu betrachten.Wenn in der Öffentlichkeit von Drogenproblemen gesprochen wird, sind in den meisten Fällen psychoaktive Substanzen außer Tabak und Alkohol gemeint. Allerdings beginnt sich die Einstellung gegenüber Cannabis im Sinne einer liberalen Handhabung zu ändern, auch unter dem Einfluss der medizinisch gewünschten schmerzlindernden Wirkungen der Inhaltsstoffe. In erster Linie geht es bei Drogenproblemen um synthetisch hergestellte Substanzen wie Kokain, Crack, Heroin, Amphetamine und Barbiturate. Ein im Vergleich hoher Anteil des Problemfeldes „Drogen“ schließt eine ganze Palette von speziellen Begleitproblemen wie Drogenkriminalität, Beschaffungskriminalität (Apotheken- und Praxiseinbrüche, Prostitution, Diebstahl usw.) und Herausbildung entsprechender Milieus ein.

In der linken Spalte der Tabelle sind einige Zellen farbig markiert. Die orange markierten Zellen kennzeichnen die jeweilige Zeile als Bestandteil einer Zusammenfassung zu dem Problemfelder-Komplex Soziales, die purpurfarbene Markierung kennzeichnet den Problemfeld-Komplex Sicherheit. Beide Komplexe werden in zusammenfassenden Grafiken dargestellt.