Unter dem öko-sozialen Grün imponiert bei allen drei Kandidaten der Typ 2 mit weitem Vorsprung vor dem nachfolgenden Typ 7. Der Typ 2 ist bezüglich Baerbock und Scholz gleich stark ausgebildet und liegt vor dem Gewicht, dass er im Bild für Deutschland als Ganzes hat. Bei Scholz, Deutschland und Baerbock folgt – in dieser Reihenfolge – der Typ 6. Von diesem Bild weicht jenes von Armin Laschet deutlich ab. Dort ist ein starker Typ 9 und ein schwacher Typ 6 zu sehen.
Die Entwicklung des Typs 2 unter dem Einfluss des WMems Grün ist trotz der kollektiven Ausrichtung des Wertesystems gut möglich, solange die Gruppe eine gewisse Homogenität aufweist, die es diesem Typ ermöglicht, sich darauf einzustellen. Sein Dilemma ist ein ziemlich chaotisches Gefühlsleben, das sich auf einen relativ großen Freundes– und Bekanntenkreis stützt, jedoch wenig feste Beziehungen ermöglicht, da der emotionale Haushalt nur begrenzte Flexibilität aufweist. Grüne Gruppen existieren wegen ihrer auf Konsens aufgebauten Struktur in der Regel in überschaubaren Größen, so dass eine Durchlässigkeit vorhanden ist, die einen individuellen Entwicklungsprozess ermöglicht. Unter diesen Bedingungen besteht allerdings für die ZWEI die Gefahr, dass ihr Bedürfnis nach Anerkennung nicht ausreichend befriedigt wird. Es kann deshalb zu Spaltungen der Gruppen kommen, die bei vielen Parteien und Vereinen zu beobachten sind und besonders charakteristisch für den Entstehungsprozess der GRÜNEN sind.
Grüne Strukturen spiegeln ein Dilemma wider, das beim Typ 2 internalisiert ist: Die Spannung zwischen individuellen und kollektiven Sichtweisen. Mit dem grünen Denken ist die Aufklärung mit ihrer Emanzipation des Individuums an ihr Ende gelangt, ohne jedoch eine überzeugende und allgemeingültige Lösung für die Spannung – in Begriffen der Integralen Theorie – zwischen oberen und unteren Quadranten erbracht zu haben. Ken Wilber beschreibt das durch die Aufklärung entstandene Problem so: „Der Es-Bereich (Anm.: die beiden rechten Quadranten) wucherte wie ein Krebsgeschwür – eine pathologische Hierarchie -, drang in den Ich- und den Wir-Bereich ein, kolonisierte und unterwarf sie. Die moralischen Entscheidungen der Kultur wurden schnell der Wissenschaft übergeben und technischen Lösungen zugeführt. Die Wissenschaft wollte alles lösen. Alle Probleme im Ich- und Wir-Bereich wurden in technische Probleme im Es-Bereich umgewandelt. Damit wollte die (reine und angewandte) Wissenschaft nicht nur alle Probleme lösen, sie wollte sogar entscheiden, was überhaupt ein Problem war – sie wollte bestimmen, was wirklich war und was nicht.“ Damit wurde letztendlich das Ich hinausgeworfen in die kalte Realität des Universums und Juri Gagarin war der erste Mensch im All, er stellte fest: «Ich war im All und habe Gott nicht gefunden».
Ausgehend vom Konsensprinzip eröffnen sich im grünen Denken neue Wege zur Formulierung von Wahrheiten, die einen spirituellen Charakter annehmen können und auf die gesamte Entwicklungsspirale zurückwirken. Eine erste Stufe dazu wäre ein wachsender Anteil des systemischen Denkens in der Werteordnung Gelb. Solche Anzeichen sind jedoch in den vorliegenden Ergebnissen nicht zu sehen.
Der enthusiastische Typ 7 bleibt oft an der Oberfläche der Dinge haften und wird Schwierigkeiten haben, sich langen Diskussionen zur Entscheidungsfindung – wie sie unter grünem Einfluss üblich sind – zu stellen. Sehr bald wird der Siebener seine Fühler nach anderen interssanten Gruppen oder Parteien ausstrecken. Grundsätzlich kann jedoch für diesen Typ ein großes Intersse an Politik angenommen werden, da er vielseitige Interessen hat und zum Dilletantismus neigt. Eine bemerkenswerte Ausnahme stellt Mozart dar, der ebenfalls – in der Version von Milos Forman’s Film Amadeus – eine typische SIEBEN darstellt.
Der bereits weiter oben besprochene Typ 9 hat eine auffallende Beziehung zum CDU-Kandidaten Laschet. Das sagt etwas über seine Person und die Politik seiner Partei aus. Laschet selbst strahlt eher die Gemütlichkeit einer traditionellen Honoratiorenpartei aus und steht eher für die ruhige Hand des Regierens, wie sie auch bei dem Aussitzer Helmut Kohl und der unaufgeregten Angela Merkel zu sehen war und ist. Die NEUN wird jedoch Probleme mit den moralischen Versagern der Partei haben und sich von ihrem Leistungsdenken abgestoßen fühlen. Für diejenigen NEUNER, die politisch wenig interessiert sind, stellt die CDU allerdings einen Garanten dar, der zuverlässig bestrebt ist, möglichst alles so zu lassen, wie es ist.
Für den Kandidaten Scholz von der SPD spielt der Typ 6 eine hervorstechende Rolle. Er ist in seiner Beziehung zu Scholz etwa genauso stark audgeprägt, wie der Typ 7. Dieser Typ hat einen sechsten Sinn für Gefahren und hat deshalb auch Angst um seine persönlichen Belange. Warum gerade Scholz eine besondere Anziehungskraft für diesen Typus darstellt kann nur in seiner Kompetenz als guter Verwalter des Staates in seinen Funktionen als früherer Hamburger Bürgermeister und Bundesfinanzminister zu suchen sein. Hinzu kommt die hanseatische Nüchternheit und Coolness, die ihn zwar nicht als besonders guten Redner auszeichnen, statt dessen aber das Image als Macher geben. Genau das zeichnet ihn gegenüber der GRÜNEN-Kandidatin Baerbock aus, die hier etwas schwächer erscheint. Dagegen kann die Attraktivität von Laschet für den Typ 6 als schwach bezeichnet werden.
Als fünfter Enneagramm-Typ spielen die EINSER in den Profilen von Laschet und Scholz unter Grün, für Scholz und Baerbock unter Orange, für Scholz unter Blau und für Laschet unter Rot besonders hervorgehobene Rollen.
Diesen Typus hat Riso als Reformer bezeichnet. Er ist der „idealistische Typus mit hohen Prinzipien. EINSEN sind gewissenhaft, halten sich an ethische Grundsätze und verfügen über ein ausgeprägtes Gespür für Recht und Unrecht. Sie gefallen sich in der Rolle des Lehrers und Kreuzritters, möchten alles verbessern, haben aber Angst, Fehler zu machen. Sie gehen genau und systematisch vor, stellen an sich sehr hohe Anforderungen, können sich jedoch auch zu Nörglern und Perfektionisten entwickeln. Ihr Schwachpunkt ist die Neigung zu Ungeduld und unterschwelligem Zorn. Im Idealfall sind gesunde EINSEN weise, scharfsichtig, realistisch, von edler Gesinnung und über jeden moralischen Zweifel erhaben.„
Die Beziehung von Laschet zum Typ 1 unter dem Einfluss von Rot wird ergänzt durch den hier führenden Typ 9, der eine Flügelfunktion zum Typ 1 übernehmen kann. Diese Nachbarschaft deutet den Konflikt an, der aus dem Veränderungswillen des Typs 1 und der Beharrungstendenz des Typs 9 entstehen kann. Das dieser Konflikt unter dem aggressiven Rot stattfindet spricht dafür, dass die Interessen des Typs 9 dabei auf der Strecke bleiben werden. Ein Vergleich des WMems Rot mit den beiden anderen Kandidaten zeigt im Bezug auf Scholz – eine deutlich stärkere Ausprägung, sie bleibt jedoch noch hinter dem Wert bezügl. Baerbock zurück.