Hinweise für gerechte Koalitionsverhandlungen
Nachfolgend werde ich die Materialien zusammenstellen, so dass sie Hinweise auf die Unterschiede zwischen den Parteien ergeben. Dabei wird der Blick auf die Erfahrungen der Vergangenheit gerichtet, der mir verlässlicher erscheint, als der gegenwärtig in den Medien verbreitete Vergleich der Wahlprogramme. Was sich in oft blumiger Sprache verlockend anhört, entpuppt sich in der Praxis als das Gegenteil. Hierfür lassen sich viele Beispiele anführen. Ein Beispiel mit weitreichenden Folgen sind die Hartz-„Reformen“, die u. a. eine Zusammenlegung von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe zum Ziel hatten und damit eine Gleichbehandlung der betroffenen Personengruppen bewirken sollten. Diese gerecht erscheinende Maßnahme entpuppte sich schließlich als verordnete Armut. Entscheidend für die Umsetzung von politischen Zielen ist die Umsetzung in die Gesetzes- und Rechtspraxis. Dafür sind Juristen und Beamte zuständig, die sich am bitteren Ende damit entschuldigen, sie hätten zwar die Anwendung von Gesetzen im Studium gelernt, jedoch nicht die Schaffung von Gesetzestexten. Eine Folge davon ist, dass viele Gesetze erst in der vielfachen Anwendung und Überprüfung von Gerichten nachgebessert werden. Hierfür hat sich der Terminus Richterrecht gebildet. Die Gerichte sind jedoch unzureichend personell und technisch ausgestattet, so dass die Rechtspflege ebenfalls in einer Krise steckt. Am Ende entsteht der Eindruck, es werde schlecht regiert und keiner weiß, wo in diesem Teufelskreis der entscheidende Hebel anzusetzen ist und das System ist blockiert. Die Hamburger Elbphilharmonie konnte nur mit großen Verzögerungen und enormen Kostensteigerungen fertiggestellt werden, der Bau des Hauptstadt-Flughafens BER wurde zur Groteske und das Verkehrsprojekt Stuttgart 21 entwickelt sich in ähnlicher Weise.
Voraussetzung für eine halbwegs unverfälschte Umsetzung politischer Ziele ist die Vermeidung von Formelkompromissen. Die von der Umsetzung der Maßnahmen Betroffenen müssen klar benannt werden und die Wirkungsrichtung unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten mit Bezug auf die Betroffenen muss angegeben werden um Ängste vor Veränderungen zu vermeiden und abzubauen, z. B. Umlenkung von Geldern für Straßenbauprojekte zu Lasten der Speditionen und Pendler im ländlichen Raum durch Reaktivierung von stillgelegten Schienenstrecken und steuerliche Entlastung der Pendler unter Beachtung ökologischer Gesichtspunkte sowie Verlagerung von Produktionen in heimische Standorte bzw. auf die Schiene. So wie es eine Technik-Folgenabschätzung gibt – die allerdings auch zu selten angewandt wird – muss es eine Gesetzes-Folgenabschätzung geben.
Allgemein gesprochen sind neue Sichtweisen und komplexe Darstellungen der Zusammenhänge in räumlich-zeitlicher Perspektive in Verknüpfung mit ökologischen und sozialen Erfordernissen erforderlich. Damit verbunden ist die Umstrukturierung der Regierungs– und Behördenressorts nach sachlichen Kriterien notwendig.
Im Hinblick auf die anlaufenden Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Bundesregierung werden die oben dargestellten Ergebnisse in den nachfolgenden Grafikzusammenstellungen gegenübergestellt. Als Lesehilfe sind einige wichtige Ereignisjahre auf der Zeitachse durch gestrichelte Linien miteinander verbunden.

In der Konstellation „Ampelkoalition“ gibt es Übereinstimmungen bei allen Beteiligten bezüglich der Jahre 1981, 1984–1985. Ausgehend von der SPD gibt es darüber hinaus Übereinstimmungen 1989–1990 (Anstieg FDP), 2015 (Anstieg Grüne). Es verbleiben eine Reihe ungelöster Fragestellungen, die sich in den Jahren 1996 (FDP), 2009 (FDP), 2014 (FDP) und 1992–1994 (Grüne) identifizieren lassen.
Nachfolgend wird dieser Vergleich ausgehend von der CDU durchgeführt.

Auch hier sind die Abweichungen bezüglich der blauen Linie am deutlichsten, da die Abweichungen der roten Linien bei FDP und Grünen als weitgehend ausgeglichen sind und einer gemeinsamen Verhandlung mit der CDU nicht im Wege stehen dürften.
In diesen ausgeglichenen Verläufen offenbart sich mit wachsendem Gewicht der bisher als klein zu bezeichnenden Parteien das zunehmende Problem der Interpretation des Wählerwillens. In der gegenwärtigen Konstellation stellt sich dieses Problem besonders ausgeprägt dar, weil es nach Programmen gesehen zwei etwa gleich große Paarungen gibt, wobei allerdings die Paarung SPD/Grüne auf 324 Sitze kommt und die Paarung Unionsparteien (CDU/CSU)/FDP auf 288 Sitze. Es ergibt sich hieraus eine Mehrheit von 36 Sitzen für eine „Ampelkoalition“ aus SPD, Grüne und FDP.
Aufgrund der oben dargelegten Problematik, aus Wahlprogrammen politische Zielrichtungen zu identifizieren, da ihre Sprache weite Interpretationsspielräume eröffnet, ist es sinnvoller einen Vergleich auf der Basis des hier vorgestellten Gerechtigkeitsindexes vorzunehmen, der auf dem Urteil von potentiellen Wählern (rote Kurven) und professionellen politischen Beobachtern basiert. Ein solcher Vergleich ist anhand der nachfolgenden Tabelle möglich. Darin sind die Zahlenwerte der oben abgebildeten Grafiken nach ansteigenden Gerechtigkeitswerten (grün) und absteigenden Zahlenwerten (lachsfarben) bewertet. Die Bewertung der Internetdaten erfolgt gleitend intuitiv nach Clustern, da die Datengrundlage – wie eingangs erläutert – Schwankungen und Eingriffen der Suchmaschinenbetreiber unterliegt.

Die Auswertung der Tabelle ergibt das in der nachfolgenden Tabelle abzulesende Bild:
Partei | Genios (+) | Genios (-) | Internet (+) | Internet (-) |
CDU | 6 | 5 | 11 | 6 |
SPD | 6 | 5 | 7 | 4 |
FDP | 5 | 4 | 3 | 3- |
Grüne | 7 | 8 | 10 | 6 |
Aus der Tabelle ist die starke Medienpräsenz der Grünen ersichtlich, die mit der CDU vergleichbar ist. Hierauf mag u. a. zurückzuführen sein, dass die Wahlaussichten der Grünen zu Beginn der Wahlkampagne – insbesondere hinsichtlich ihres Anspruchs auf das Kanzleramt – überschätzt wurden.
Für die Verhandlungen zur Koalitionsbildung ist von größerer Bedeutung, wie viele Übereinstimmungen zwischen den Volksparteien und den beiden Juniorpartnern bestehen. Die aktuell interessanteste Frage stellt sich für die SPD. Die diesbezügliche Auswertung ergibt für die FDP vier Übereinstimmungen in der Genios-Linie und eine gegensätzliche Reaktion in der Internet-Linie. Für die Grünen ergeben sich fünf Übereinstimmungen und eine konträre Entwicklung in der Genios-Linie sowie drei Übereinstimmungen und eine konträre Entwicklung in der Internet-Linie. Nach diesem Ergebnis kann ein Erfolg von Koalitionsgesprächen der drei Parteien einer „Ampelkoalition“ erwartet werden.
Eine Vertiefung dieser Ergebnisse ist durch Gegenrechnung des CDU-Profils und der Zuordnung markanter Ereignisse in der Wikipedia-Chronik möglich.