Vorbemerkungen zur aktuellen politischen Weltsituation
Mit diesem Beitrag knüpfe ich an den ersten Beitrag zu diesem Thema an. Seit der Veröffentlichung des Beitags im Dezember 2023 hat sich die politische und wirtschaftliche Situation in ihren Grundzügen nicht verändert. Noch immer ist Krieg in der Ukraine, noch immer wütet Israel im Gazastreifen und im eigenen Land und die politischen Entwicklungen in Deutschland, Russland und den USA geben wenig Anlass zu Hoffnungen auf Entspannung. Das Gegenteil ist der Fall. In Deutschland sind aufgrund des Urteils vom Bundesverfassungsgericht Verteilungskämpfe ausgebrochen, die unter anderem zur Lahmlegung des Schienenverkehrs geführt haben und die Bauern mit ihren Traktoren massenhaft auf die Straße gebracht haben. In Israel weigern sich immer mehr junge Menschen, gegen Zivilisten in den Krieg zu ziehen und die Gefahr einer zweiten Front an der Grenze zum Libanon wächst. Aktuell wird diese Gefahr durch die Angriffe der im Jemen operierenden Huthi-Rebellen auf den internationale Seeschifffahrt und deren Folgen für den Warenverkehr von und nach Europa sowie die militärischen Antworten darauf durch westliche Staaten stark gefördert. In der Ukraine zeichnet sich der Mangel an Waffen zur Abwehr russischer Angriffe immer mehr ab und die Möglichkeiten – aber auch die Bereitschaft – der NATO-Staaten zur Lieferung nehmen ab, je intensiver der Wahlkampf zur Präsidentschaftswahlwahl in den USA geführt wird. Durch die Präsidentenwahl am 13. Januar 2024, bei der William Lai zum neuen Präsidenten gewählt wurde, droht eine weitere Zuspitzung des Taiwan-Konflikts mit der Volksrepublik China.
Die fortlaufende Aktualisierung der Weltsituation an dieser Stelle erfüllt einen doppelten Sinn: Sie macht deutlich, dass die Welt im Umbruch ist und sie trägt zu der Erkenntnis bei, dass die Dynamik dieser Entwicklungen ein Ergebnis demokratischer Prozesse ist, die auch jene Länder erfassen, die sich für einen autoritären oder autoritativen Politikstil entschlossen haben.
In Deutschland lassen die jüngsten Berichte über die Hintergrund-Aktivitäten der AfD ahnen, in welche menschenverachtende Richtung Deutschland von Teilen dieser Partei beeinflusst werden könnte, wenn sich die gegenwärtige Selbstblockade der Regierungsparteien fortsetzt. In diese Richtung deutet anlässlich des Treffens verschiedener Remigrationsideologen nun auch die Teilnahme von CDU-Mitgliedern der Werteunion hin. Das alles sind Gründe, nach Wegen für eine globale Integration aller menschlichen Energien ohne politische Denkverbote zu suchen. Der hierzu erforderliche Mut ist leider nicht in der Mitte der Systeme zu finden, er wächst von den Rändern zur Mitte hin. Wie auch die Wunden im medizinischen Sinne in der Regenerationsphase von den Rändern her geschlossen werden, heilen auch soziale Systeme im übertragenen Sinne ebenfalls von den Rändern her. Dabei kann auch hinsichtlich der Reizstärke zur Unterstützung der Heilung eine Anleihe bei der Heilkunde hilfreich sein. Nach der Arndt-Schulz-Regel heißt es „Schwache Reize fachen die Lebenstätigkeit an, mittelstarke Reize fördern sie, starke hemmen sie, stärkste heben sie auf.“ In dieser Abstufung kann die Politik in Deutschland für die letzten Jahrzehnte als schwacher Reiz in der Ära Merkel und starker bzw. stärkster Reiz in der jüngsten Zeit bezeichnet werden.
Dieser zweite Teil des Beitrags wird sich – wie dargelegt aus gutem Grund – insbesondere mit den Rändern des politischen Spektrums befassen. Hierbei ist zunächst zu klären, wie die Ränder des Systems zu bestimmen sind. Durch den Verfall des seit dem zweiten Weltkrieg etablierten Parteiensystems mit den Volksparteien SPD und CDU bzw. CSU und dem bürgerlichen Ausgleichsfaktor FDP – die häufig die Rolle als „Zünglein an der Waage“ übernommen hatte – ist der parlamentarische Maßstab für die Mitte verloren gegangen. Daran ändert auch nichts, dass die seit 1980 entstehende Partei der GRÜNEn – jetzt Bündnis 90/Grüne – zur Regierungspartei geworden ist. Sie ist trotz vergleichbarer Wahlergebnisse zur SPD dem politischen Rand zuzuordnen, da ihr weitgehend die gesellschaftliche Verwurzelung verloren gegangen ist und es nicht gelungen ist, diese Verluste entsprechend ihren Wahlergebnissen zu kompensieren und auszuweiten. Demgegenüber verfügt die SPD als Partei mit der längsten Tradition trotz dramatischer politischer Bedeutungsverluste noch immer über starke Verbindungen in die Tiefe der Gesellschaft hinein.
Wie oben erwähnt, hat die FDP im Parteiensystem eine besondere Rolle erhalten, die sich neben dieser Rolle auf eine einflussreiche Klientel stützen kann und – langfristig betrachtet – zu einem festen Bestandteil des Parteiensystems geworden ist. Auch „Die Linke“ spielt eine Sonderrolle im Parteiensystem Deutschlands, die auf ihrem Erbe aus dem „Real existierenden Sozialismus“ der ehemaligen DDR beruht und von dort her auf eine tiefe Verwurzelung in der Gesellschaft der fünf ostdeutschen Bundesländer und deren Geschichte bauen kann.
In der aktuellen innenpolitischen Diskussion spielt die im Jahr 2013 gegründete „Alternative für Deutschland“ (AfD) eine dominierende Rolle. Im Zentrum dieser Diskussionen stehen die Verbindungen dieser Partei – personell und ideologisch – zum rechtsextremistischen Rand der Gesellschaft. Im Hintergrund geht es dabei um die zukünftige Stabilität des parlamentarischen Systems in Deutschland, die nach aktuellen Umfrageergebnissen nur unter Beteiligung der AfD an einer von der CDU getragenen Bundesregierung realistisch erscheint. Die politischen Positionen der AfD sind überwiegend völkisch und autoritär ausgerichtet und werden hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und dem Völkerrecht angezweifelt. In jedem Fall ist trotz der guten demoskopischen Prognosen für diese Partei eine Zuordnung zum politischen Rand Deutschlands gerechtfertigt.
Der Zerfall des Parteiensystems in Deutschland zeigt sich auch in der Spaltung der Partei „Die Linke„, die zur Neubildung der Partei BSW, „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ geführt hat. Die Gründungsmitglieder dieser Partei gehören überwiegend zum politischen Umfeld der einflussreichen Linken-Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht. Die politischen Positionen dieser Partei vereinen Elemente linker und konservativer Programmatik und orientieren sich am aktuell Machbaren. Damit stellt sie einen für Deutschland neuen Typ politischer Programmatik dar, die auch auf populistische Strömungen reagiert.
Als politische Ränder können demnach GRÜNE, AfD und BSW angesprochen werden. Die Darstellung dieser Parteien erfolgt überwiegend personalisiert, da die kleinen Parteien stärker als Volksparteien durch Einzelpersonen repräsentiert werden, vor allem wenn diese, wie in Person von Robert Habeck, einflussreiche Regierungsmitglieder sind. Im Fall der AfD ist die Wahl von Björn Höcke als Repräsentant der Partei durch seine ausgeprägt völkische Position in der Partei gerechtfertigt, da diese den – oft geleugneten – Kern der Bestrebungen in der AfD bildet (Treffen von Rechtsextremisten in Potsdam 2023).
Quadranten der sozial-räumlichen Entwicklungslinie
In den nachfolgenden Grafiken werden die Verortungen für die führenden Politiker der Ampelregierung als Nachtrag zu Teil I dargestellt. Es wird dabei jeweils eine 6-stufige sozialräumliche Untergliederung vorgenommen, wobei die Familie die grundlegendste Ebene ist und die Welt die höchste Ebene bildet. Innerhalb dieser Entwicklungslinie gilt das Prinzip, je grundlegender eine Ebene ist, desto wichtiger und unverzichtbarer ist sie. Die Zahlen geben jeweils die 5%-Grade einer positiven (grün) oder negativen (rot) Abweichung von einem theoretischen Mittelwert (linke Quadranten 25%, rechte Quadranten 50%) an.
Durch die in den letzten Monaten wiederkehrenden Meinungsunterschiede zwischen den Koalitionären ist in der Öffentlichkeit der Eindruck gravierender politischer Differenzen entstanden, die zu Spekulationen über ein baldiges Ende dieser Regierung geführt haben. Ein grober Vergleich der mentalen Verortung in den Entwicklungsebenen zeigt jedoch kein vergleichbar dramatisches Bild. Der Vergleich der Tendenzen in den Quadranten ergibt für die rechte Seite – der objektiv wahrnehmbaren Welt – bei Scholz 5 rote, bei Habeck 4 rote und bei Lindner 3 rote Notierungen. Alle zeigen positive Tendenzen hinsichtlich Europa, jedoch besonders stark bei Scholz (5 Grade), dicht gefolgt von Habeck (4 Grade) und relativ schwach bei Lindner (2 Grade). Hierin spiegelt sich die von Lindner betriebene Politik der schwarzen Null wider, die im Konzert der EU-Länder eher als hemmend für die europäische Integration empfunden wird. Tendenzielle Übereinstimmungen im roten Bereich gibt es bei allen bezüglich Menschheit, Staat und Stadt. Dabei ist hinsichtlich der Menschheit ein negativer gradueller Anstieg in der Abfolge Scholz (-2), Habeck (-3), Lindner (-4). Eine ähnliche Situation besteht in anderer Richtung bezüglich der Nachbarschaft. Hier besteht von Lindner zu Scholz ein Gefälle von 5 Graden, wobei Habeck etwa die Mitte dazwischen markiert. Während Habeck und Lindner hierbei ziemlich ausgeglichen erscheinen, zeigt sich bei Scholz ein starkes Übergewicht im unteren linken Quadranten, der sprachlich durch das „Wir“ gekennzeichnet ist und zur DNA der SPD gehört. Darüber hinaus gibt es eine größere Abweichung bezüglich der Ebene „Stadt„, auf der bei Scholz gegenüber den beiden anderen Politikern ein größeres Defizit in den rechten Quadranten zu sehen ist. Darin drückt sich wahrscheinlich die abgenommene Attraktivität der SPD in den Großstädten aus.
Im Vergleich der Profile sind erhebliche Unterschiede zu erkennen. Nachfolgend werde ich sie Stufe für Stufe durchgehen:
- Familie
Hinsichtlich der Familie gibt es zwischen den vier PolitikerInnen relativ geringe Differenzen. Auffällig ist die totale Ausgeglichenheit bei dem AfD-Politiker Höcke. Es entsteht der Eindruck, dass es sich hier um ein idealisiertes Bild der Familie handelt, dass nicht aus der Lebenswirklichkeit entsteht. Es kann sich um eine Projektion auf den Politiker handeln, die von der Erwartung bestimmt ist, dieser „Messias“ werde in eine Welt führen, wo ein Leben in der „heiligen Familie“ möglich wird. Diesem Bild am nächsten kommt das Profil von dem CDU-Politiker Merz, in dem eine leichte Verschiebung aus dem linken oberen Quadranten (Psyche) zugunsten der rechten (objektiven) Seite zu sehen ist. Interessant ist der Vergleich zwischen den beiden linken Politikern Bartsch und Wagenknecht. In ihren Profilen zeigt sich eine konträre Haltung innerhalb der rechten Quadranten, die zu einem Unterschied von 4 Graden führt, 2 Grade im Minus bei Wagenknecht und zwei Grade im Plus bei Bartsch. Auf die linken Quadranten hat dieses jedoch keinen gravierenden Einfluss, da sich die Verlagerungen gleichmäßig verteilen, so dass oben links ein Unterschied von einem Grad und unten links ein Unterschied von zwei Graden besteht.
2. Nachbarschaft
Die Nachbarschaft ist die erste öffentliche Raumeinheit, die – anders als bei der Familie – noch relativ frei abgrenzbar ist. Nachbarschaften spielen sowohl im städtischen wie im ländlichen Leben eine große Rolle. Sie unterliegen jedoch starken Einflüssen aus dem Siedlungsgefüge und weisen große Unterschiede nach der baulichen Verdichtung auf. Darüber hinaus sind sie auch sozialen Veränderungen unterworfen, die durch Generationenwechsel und Gentrifizierung sowie Segregation entstehen. Zwar sind nachbarliche Gemeinschaften mit dem Wandel der Gesellschaften tendenziell lockerer geworden, jedoch sind durch verschiedene infrastrukturelle Maßnahmen wie Verkehrsberuhigung, Nachbarschaftscafes, Altenstuben u.a. Impulse gesetzt worden, die dem entgegen wirken sollen. Damit können Nachbarschaften Defizite im familiären Bereich teilweise Ausgleichen und sind zu einem wichtigen politischen Thema geworden.
Der Vergleich zwischen den Politiker-Profilen zeigt eine breite Übereinstimmung hinsichtlich der Bezugnahme auf die objektive rechte Seite, die bei allen Politikern defizitär erscheint – am wenigsten defizitär bei dem CDU-Politiker Merz und bei den anderen Politikern nahezu gleich stark defizitär. In der Verteilung der rechts freigesetzten Energien profitieren die oberen linken Quadranten bei allen Politikern gleich stark, lediglich bei dem linken Politiker Bartsch wird der untere linke Quadrant etwas stärker betont. Dagegen ist bei Merz eine geringe Schwächung dieses Quadranten zu sehen.
3. Stadt
Die räumliche und baustrukturelle Gestalt der Städte ist sehr unterschiedlich und global gesehen auch nach Kulturbereichen sehr unterschiedlich. Für Deutschland und Europa hat sich der Typ der europäischen Stadt, wie er sich aus dem antiken Griechenland und dem helenistischen Vorderasien als Leitbild durchgesetzt. Dieses Leitbild wandelt sich seit der Moderne zunehmend durch den Einfluss amerikanischer Entwicklungen und hat das Bild der schnell wachsenden Städte in Europa wesentlich mitgeprägt und damit auch viele Probleme importiert. Der Stellenwert der Städte ist unter dieser Dynamik in der Verteilung öffentlicher Finanzen geringer geworden. Damit wächst jedoch gerade die Bedeutung der Städte für die Politik, da sie aufgrund des Strukturwandels in der Landwirtschaft und des ländlichen Raums zum bedeutendsten Lebensraum der Menschen in Deutschland geworden sind.
Die große Bedeutung der Städte zeigt sich auch in einer differenzierten Positionierung der Politiker. Diese führt in erster Linie zu unterschiedlichen Gewichten innerhalb der Profile. Einheitliches Kennzeichen ist das Defizit in den rechten Quadranten, das bei dem CDU-Politiker Merz relativ schwach ausfällt, bei den Politikern Bartsch (Linke) und Höcke (AfD) jedoch sehr stark und bei der linken Politikerin Wagenknecht etwas weniger stark ausfällt. In allen Profilen ist eine – je nach Möglichkeiten des Energiezuwachses aus den rechten Quadranten – Stärkung der linken unteren Quadranten abzulesen. Daneben ist eine geringe Stärkung des oberen linken Quadranten bei Merz und eine geringe Schwächung dieses Quadranten bei Bartsch und Höcke zu bilanzieren. In diesen Ergebnissen zeigt sich zwar ein breites Bewusstsein über die große Bedeutung der Stadt als Teil der europäischen Kultur, jedoch fehlt es an politischen Konzepten, die sich in politische Maßnahmen umsetzen lassen. Diese Interpretation erhält Gewicht durch die Zurückhaltung, die sich im Bild des wichtigsten Oppositionspolitikers zeigen. Hierin zeigt sich nicht nur die Schwäche der Ampelkoalition, sondern die Alternativlosigkeit der Parteien insgesamt.
4. Staat
Die Entwicklung des Nationalstaats hat eine lange Geschichte, in der eine zunehmende Konzentration der Macht und der kulturellen Entwicklung auf ein eindeutig umrissenes Staatsgebiet nach dem dreißigjährigen Krieg und verstärkt ab dem 18. Jahrhundert stattfand. Nach dem zweiten Weltkrieg setzte eine neue Diskussion um die Bildung von Staatenbündnissen auf wirtschaftlicher oder militärischer Grundlage ein, die bis heute anhält. Trotz der Existenz solcher Staatenbündnisse ist die wichtigste politische Bezugsebene der Nationalstaat geblieben.
Ähnlich wie im Bezug auf die Stadt zeigt sich hier eine differenzierte Schwerpunktsetzung in den Profilen. Während vor allem die Politiker Bartsch und Höcke durch hohe Defizite in den rechten Quadranten auffallen, fallen diese bei Merz und Wagenknecht moderat aus. Von der Umverteilung der Energien profitieren bei Bartsch die beiden linken Quadranten etwa zu gleichen Teilen, bei Höcke nahezu allein der untere linke Quadrant. Bei Wagenknecht erfolgt eine Umverteilung von rechts nach unten links und bei Merz von rechts zu zwei Dritteln nach oben links und zu einem Drittel nach unten links.
Im Prinzip gilt hier für den CDU-Politiker Merz das gleiche, wie bereits zur Stadt bemerkt wurde. Es fehlt grundsätzlich an belastbaren Konzepten und konkreten Vorschlägen zur Bewältigung der vielfältigen krisenhaften Erscheinungen, die immer mehr Fragen nach Änderungen am politischen System aufkommen lassen. Dabei ist festzustellen, dass die arrivierten Politiker keine Bereitschaft zeigen, legitime und notwendige Korrekturen im demokratischen System vorzunehmen und bestrebt sind, die Strukturen innerhalb der sozial-räumlichen Entwicklungslinie einzufrieren. Gerade diese Unfähigkeit des deutschen Demokratiesystems sich selbst zu reformieren ist es, die das gesamte System gefährdet.
5. Europa
Zugespitzte Reaktionen auf Europa gibt es bezüglich des Politikers der Partei Die Linke und des AfD-Politikers Höcke. Dabei ist zu unterstellen, dass es sich bei dem Begriff Europa um ein politisches Verständnis von dem wirtschaftlich-politischen Staatenbund der EU handelt. Ein sehr starkes Defizit der rechten Quadranten ist bei dem AfD-Politiker zu sehen, während alle anderen Politiker leichte bis mittlere Überschüsse in diesen Quadranten aufweisen. Die Profile von Merz und Wagenknecht sind exakt gleich und zeigen ein Defizit im oberen linken Quadranten bei ausgeglichenem unteren Quadranten der linken Seite. Beim Politiker der Partei Die Linke führt der Überschuss der rechten Quadranten zu relativ starkem Defizit im linken oberen Quadranten und leichtem Defizit im unteren Quadranten. Das Defizit der rechten Quadranten bei Björn Höcke verteilt sich etwa in gleichen Anteilen auf die linken Quadranten und führt dort zu mittleren Überschüssen. Die Sonderstellung bezüglich des AfD-Politikers ist Ausdruck der ablehnenden Haltung der AfD zur EU und zeigt, dass auch Defizite ein politisches Statement sein können.
6. Menschheit
Mit Menschheit wird im allgemeinen die Gesamtheit aller Menschen auf der Erde bezeichnet. Räumlich gesehen handelt es sich deshalb um die Erde als Lebensraum der Menschen. Im Sinne einer integralen Betrachtungsweise hat die vernetzte Menschheit in der Noosphäre die höchste Stufe der Evolution und des Geistes erreicht. In der Grafik 27 ist die Entwicklung der Holone seit dem Jahr 1800 als Verlauf der Begriffsgeschichte dargestellt. Diese Entwicklung verlief nicht homogen, sondern lässt für die beiden bedeutendsten Sozialräume Stadt und Staat einen Wechsel in der Rangfolge erkennen, der nach dem ersten Weltkrieg stattgefunden hat und etwa ab dem Jahr 2000 wieder zu größerer Bedeutung der Stadt gegenüber dem Staat geführt hat. Seit dem zweiten Weltkrieg hat neben diesen Räumen auch Europa an Bedeutung gewonnen und hat sich zusammen mit der seit den 1950er Jahren stetig wachsenden Bedeutung der Familie stark an die zuvor genannten Räume angenähert. Diese seit dem zweiten Weltkrieg abgelaufenen Prozesse wurden von einer beständigen Abnahme des Bewusstseins von einer gemeinsamen Menschheit begleitet.
Die einzige Konstante seit etwa 200 Jahren bildet die Nachbarschaft, die in der Grafik gegenüber den anderen Räumen auf sehr niedrigem Niveau verläuft und damit zum Ausdruck bringt, dass sie eine unumgängliche Voraussetzung für das menschliche Leben ist. Alle anderen Räume sind Konstrukte zur Organisation des Zusammenlebens mit den Möglichkeiten zeitlicher und räumlicher Befristung in individueller Entscheidungsfreiheit – seinen Nachbarn kann man sich jedoch nicht aussuchen, sagt das Sprichwort. Daraus resultieren die (ebenso berühmten) Nachbarstreitigkeiten, die unzähligen Juristen und Psychologen das Einkommen sichern.
Wie oben bereits angedeutet, ist mit der Menschheit eine erdumspannende Schicht denkender und reflektierender Lebewesen entstanden, die unter dem Begriff Noosphäre zusammengefasst werden. Diese Sphäre wurde von dem Jesuiten und Anthropologen Teilhard de Chardin in der Literatur populär und ist seit Mitte der 1950-er Jahre – nachdem seine Schriften trotz Widerständen im Vatikan unter Beteiligung eines Ehrenkomitees herausgegeben wurden – in Grafik 29 zunächst mit steilem Anstieg, dann aber in zwei Stufen bis in die Gegenwart abfallend zu sehen. Im Unterschied zu Deutschland trifft dieses nachlassende Interesse an dem Begriff für den englischen Sprachraum nicht zu. Dort hat es nach dem ersten Erfolg des Begriffs mit steilem Anstieg und nicht ganz so steilem Abstieg bis Anfang der 1980-er Jahre, einen Anstieg ab Mitte der 1990-er Jahre gegeben, der sich ab dem Jahr 2000 in einem erneuten Anstieg bis zum Ende der verfügbaren Daten fortsetzte.
Der Vergleich der vier PolitikerInnen zeigt unter den Aspekten des Menschheits-bewusstseins und der Noogenese interessante Unterschiede. Während sich die Profile von Merz und Wagenknecht stark ähneln sind bei den beiden anderen Politikern ebenfalls strukturelle Ahnlichkeiten zu sehen. Die Unterschiede zwischen den beiden Paaren liegen in einem moderaten Defizit der rechten Quadranten bei Merz und Wagenknecht gegenüber einem starken Defizit bei Bartsch und Höcke sowie in starken Zuwächsen in den linken unteren Quadranten (Kultur) bei Bartsch und Höcke gegenüber moderaten Zuwächsen und unveränderten oberen linken Quadranten bei den anderen beiden Politikern. Diese Feststellungen geben der Idee einer verbundenen Menschheit auf geistiger Ebene in Beziehung auf Merz und Wagenknecht mehr Raum.
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