Von der Gegenaufklärung zur Abrüstung
Der 11. September 2001 stellt einen Wendepunkt in der Bedeutung der Geheimdienste dar. Einerseits wurde ihnen ein Versagen in der Terrorabwehr vorgeworfen, womit ihre Stellung innerhalb der Regierungsapparate enorm aufgewertet wurde, und gleichzeitig wurden die politischen und damit auch die Geldkanäle zu einer Ausweitung und Intensivierung ihrer Aktivitäten geöffnet. Herzstück zur Terrorismus-Bekämpfung sollte das von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld konzipierte, Offive of Strategic Influence (OSI) werden. Zu den von der Bush-Regierung diskutierten Ideen gehörte darüber hinaus, wie man mit neuen Überwachungsgesetzen, präventiven Schlägen, verdeckten Operationen, gezielten Tötungen, der Schaffung von rechtsfreien Bereichen, Outlaws, Folter, Überwachung und neuen Technologien den ausgerufenen Krieg gegen den Terrorismus weltweit führen könnte. Die militärischen Ereignisse in Irak und Afghanistan haben deutlich gemacht, dass die USA diese Strategie konsequent umsetzten bzw. noch umsetzen. Auch Präsident Barack Obama kann aus diesem nationalen Konsens offenbar nicht ausbrechen – schon kurz nach seiner Wahl zum amerikanischen Präsidenten wurde deutlich, dass er die sofortige Schließung des Gefangenenlagers in Guantanamo als einem seiner wichtigsten Wahlversprechen nicht einhalten würde.
Das OSI sollte eine Propaganda-Abteilung des Pentagon werden, deren Aufgabe „strategische Kommunikation“ werden sollte. Damit gemeint war nichts anderes als dass durch manipulierte Informationen Gegner der USA und ihre Sympathisanten sowie die amerikanische und weltweite Öffentlichkeit im Sinne amerikanischer Politik beeinflusst werden sollten. Die New York Times berichtete, dass die OSI Kampagnen erarbeiten sollte, die auf ausländische Medien und das Internet ausgerichtet sind und auch verdeckte Operationen beinhalten. Neben Propaganda, die sich Tatsachen bedient, sollten auch sogenannte „schwarze“ Kampagnen mit gefälschten Informationen, die man über Personen oder Organisationen an die Medien bringen wollte, betrieben werden. Es wurde auch daran gedacht, Journalisten, Politikern oder Meinungsführern Emails von einer fingierten .com-Adresse zu schicken, in denen für die Politik der USA geworben oder Regierungen anderer Länder kritisiert werden. Auf Grund heftiger öffentlicher Kritik verkündete Verteidigungsminister Rumsfeld im Februar 2002, er wolle das OSI nicht mehr einrichten. Er ließ jedoch ein geheimes Programmpapier ausarbeiten, das er im Oktober 2003 unterzeichnete. In diesem Papier sind drei Punkte von besonderer Bedeutung:
1. „We must fight the Net“; Das Pentagon baut eine informationsbasierte Streitkraft auf. Netzwerke seien immer entscheidender, daher müsse das Militär auch darauf vorbereitet sein, „das Netz zu bekämpfen“
2. Verbesserung von Psychologischen Operationen (PsyOps), wobei das Pentagon die vom Außenministerium betriebene Propaganda unterstützen müsse.
3. Das „elektromagnetische Spektrum mit Angriffskapazitäten“ beherrschen, also „das gesamte Spektrum der global entstehenden Kommunikationssysteme, Sensoren und Waffensysteme, die auf dem elektromagnetischen Spektrum basieren, außer Kraft setzen oder zerstören zu können“
Die Durchführung der Maßnahmen erfolgte überwiegend durch das Office of Global Communications.
Die Zusammenarbeit von Journalisten und Geheimdiensten ist nicht neu. Der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom hat bereits mit seinem 1998 erschienenen Buch „Undercover – Der BND und die deutschen Journalisten“ auf hochrangige geheime Verbindungen zwischen dem Bundesnachrichtendienst und deutschen Medien (z. B. Bild, Die Zeit, ZDF, Rowohltverlag, Deutsche Welle) in der Vergangenheit hingewiesen. Für die Pflege dieser Verbindungen standen dem BND nach seinen Angaben bereits 1970 jährlich ca. 250.000 DM zur Verfügung. Bereits Napoleon wusste: „Ein Spion am rechten Ort ersetzt zwanzigtausend Mann an der Front“. Was im 19. Jh. noch militärischen Kalkülen zuzuordnen war, hat jedoch in Zeiten des Rückzugs der Staaten an rationalem Gehalt verloren. Die Empfänger geheimer Informationen sind nicht mehr nur die Regierungen der jeweils eigenen Länder oder befreundeter Staaten. Viele Sicherheitsdienste sind an private Firmen vergeben worden (z. B. die amerikanische Fa. Academi), die zum eigenen Schutz, für ihre Arbeit und für ihre strategische Planung an speziellen Informationen interessiert sind. Wenn schon die Weitergabe von Daten innerhalb des weit verzweigten Regierungsapparates kaum zu kontrollieren ist, so bekommen sie in den Händen privater Unternehmen eine ganz neue Qualität und sind noch schwerer vor Mißbrauch zu schützen als dieses beim Staat der Fall ist. Die Aufklärung der Aufklärung ist heute nicht mehr ausreichend, da sich das dahinter stehende Prinzip vervielfacht und immer neue Ängste produziert. Das einzig mögliche Mittel gegen eine Verunsicherung durch Geheimdienste ist Abrüstung an allen Fronten – insbesondere an den psychologisch-theologischen Fronten, die den geistigen Nährboden für physische Gewalt darstellen. Das erfordert eine Bewegung von unten, die in stillem Einvernehmen in die Gestaltung der Wirklichkeit eingreift. Ich wünsche mir, hierzu einen Beitrag leisten zu können.
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