Deutschland und die Ukraine in der Entwicklungsspirale am 30.10.2022

An dieser Stelle werde ich – soweit es mir möglich ist – täglich die Entwicklung der Wertewelten und der Quadranten der Integralen Theorie in Deutschland und der Ukraine veröffentlichen. Zu diesem Schritt habe ich mich aufgrund der sprunghaften Entwicklungen der letzten Jahre und Monate entschlossen, da sich die Bilder der Grafiken in diesem Zeitraum drastisch verändert haben und nach zeitnahen Erklärungen verlangen. Die Verknüpfung mit der Ukraine ermöglicht darüber hinaus Rückschlüsse auf Zusammenhänge zwischen deutscher Außenpolitik und Ukrainekrieg. Die Integrale Theorie kann so wertvolle Beiträge zur Meinungsbildung leisten. Ein Sinn hierfür ergibt sich allerdings erst, wenn sich möglichst viele Menschen hierzu Gedanken machen und ihr Handeln hieran orientieren.

Die Darstellung der Quadranten erfolgt – abweichend von der bisher überwiegenden Darstellung als Quadrantenbild als Säulengrafik und in Prozenten. Diese Änderung erfolgt aus Vereinfachungsgründen um eine tägliche Erhebung vom Aufwand her möglich zu machen. Eine Angleichung an die Quadrantendarstellung erhält man, wenn die Prozentwerte jeweils in 5%-Intervalle zerlegt werden.

Die beiden Grafiken werden durch ein Tageszitat aus dem Bereich der Integralen Theorie ergänzt. Dabei wird der jeweilige Bezug zwischen Grafik und Zitat durch ein gelb hinterlegtes Stichwort markiert, um so einen Hinweis auf die Schwerpunkte der Entwicklung zu geben.

Hinweise:  Zum Lesen der Grafiken bitte mit einem Klick vergrößern!

(Regression oder Deaktivierung von Blau zu Rot und Aktivierung von Grün zu Lasten von Blau) Auch wenn Sie wahrscheinlich seine Folgen „zum Schlimmeren“ eher erkennen als seine Aspekte „zum Besseren“, ist das rote WMem ein lebenswichtiger Teil der menschlichen Natur und weder von sich aus gut noch schlecht. Die stolze, kernige und selbstsichere Lebensweise kann viel Kraft und Fantasie geben. Gesundes Rot liebt Spaß, ist kreativ und frei genug, das Leben bis auf den Grund auszuschöpfen und zu genießen. Indem es mit „dem System“ bricht, schafft es Innovationen, die innerhalb der Grenzen purpurner Bräuche oder blauer Vollmachten unmöglich wären. Wie ein Katalysator, dessen Vorhandensein Aktionen und Reaktionen auslöst, führt es der Spirale Kraft zu.
Menschen, die hier ihren Schwerpunkt haben, beweisen sich unablässig durch „heldenhafteTaten – sich weit aus dem Fenster lehnen, auf dem Felsvorsprung balancieren und dreist den Rasen betreten (des einen Helden ist des andern Depp). Das Leben ist eine Reihe von Proben, Wagnissen und Herausforderungen, den Drachen zu erlegen. In Unternehmen zeigen sie sich oft in Form von Machtproben mit Vorgesetzten oder dem Management. Der Gewinner geht weiter zum nächsten Nervenkitzel, bis auch er verliert oder ein anderes WMem die Kontrolle übernimmt. Hat Rot seinen Höhepunkt erreicht, können die hierdurch geprägten Menschen sich selbst nicht objektiv sehen. Die Beteiligung des Egos ist sehr hoch; man verteidigt sich sofort, wenn die eigenen Ideen in Frage gestellt werden. Da die Person unfähig ist, einen Schritt zurückzutreten und etwas objektiv zu beurteilen, nimmt sie praktisch alles persönlich. Dominiert dieses WMem, ist ein ruhiger, rationaler Diskurs unwahrscheinlich.

Beck, Don Edward; Cowan, Christopher C.. Spiral Dynamics: Leadership, Werte und Wandel (German Edition) . J. Kamphausen Verlag. Kindle-Version.

Im Kern von Blau und den Lebensbedingungen (inaktives Purpur stärkt übermächtiges Blau): „Eine einzige lenkende Kraft beherrscht die Welt und bestimmt unser Schicksal. Ihre beständige Wahrheit versieht alle Aspekte des Lebens hier auf der Erde mit Struktur und Ordnung und ist ebenso im Himmel gültig. Mein Leben hat einen Sinn, denn die Feuer der Auferstehung brennen in meinem Herzen. Ich folge dem gewiesenen Pfad, der mich an etwas bindet, das viel größer ist als ich (eine gerechte Sache, einen Glauben, eine Tradition, ein Unternehmen oder eine Bewegung). Ich trete unerschütterlich für das, was wahr, richtig und gut ist, ein, wobei ich mich immer den Anordnungen der wahren Autorität unterwerfe. Freiwillig opfere ich meine gegenwärtigen Wünsche im sicheren Glauben, dass mich in der Zukunft etwas Wunderbares erwartet.“

Beck, Don Edward; Cowan, Christopher C.. Spiral Dynamics: Leadership, Werte und Wandel (German Edition) . J. Kamphausen Verlag. Kindle-Version.

Soviel kann ich aber über alle, welche geschrieben haben und noch schreiben werden, indem sie zu wissen behaupten, worauf mein Bestreben gerichtet ist, ob nun, als haben sie es von mir oder von anderen gehört oder auch selbst ausgesonnen, sagen, daß sie meiner Meinung nach nichts von der Sache verstehen. Von mir selbst wenigstens gibt es keine Schrift über diese Gegenstände, noch dürfte eine erscheinen; läßt es sich doch in keiner Weise, wie andere Kenntnisse, in Worte fassen, sondem indem es, vermöge der langen Beschäftigung mit dem Gegenstande und dem Sichhineinleben, wie ein durch einen abspringenden Feuerfunken plötzlich entzündetes Licht in der Seele sich erzeugt und dann durch sich selbst Nahrung erhält. (Platon Siebenter Brief, zitiert nach Ken Wilber)

lch habe es immer als sehr merkwürdig empfunden, daß so große Teilc der abendländischen Überlieferung aus Fußnoten zu Platon bestehen sollen, aber das entscheidende Buch, zu dem wir alle Fußnoten sind, nie geschrieben wurde: »Von mir selbst wenigstens gibt es kcine Schrift über diese Gegenstände, noch dürfte eine erscheinen.« I)ie Kenner der Materie sind durchwegs der Ansicht, daß Platon hier von der mystischen Erkenntnis des Einen spricht, des Gutes, das »über dem Sein steht«. Das scheint das eigentliche Herzstück seiner Botschaft zu sein, aber er brachte es nie zu Papier, wogegen es ihm keinerlei Schwierigkeiten machte, ganze Bände über Gegenstände wie Ethik, archetypische Formen, Erkenntnistheorie, Politik, Liebe und so weiter zu füllen. Über den Kern der Sache schwieg er sich beharrlich aus. Dieses Wissen ist eben »göttliches Nichtwissen« und daher transverbal. Es gehört nicht zum Geist, sondern zum »Nicht-Geist«. Es ist nicht Bestandteil einer diskursiven Philosophie noch einer bloß redenden Philosophie, sondern ein Aufblitzen der Wahrheit in der Seele durch Kontemplation. (Anm.: Umkehr der Gewichte von rechten Quadranten zu linken Quadranten)

Ich möchte diesem Vermächtnis Platons aus mehreren Gründen nachgehen. Der erste: Wenn die westliche Zivilisation eine Reihe von Fußnoten zu Platon ist, dann sind es gebrochene Fußnoten. Ein weiterer Grund liegt darin, daß wir bei Platon eine der ersten klaren Darstellungen zweier Bewegungen finden, die mit dem unaussprechlichen Einen in Zusammenhang stehen, mit dem Geist selbst (sofern davon überhaupt gesprochen werden kann). Die erste Bewegung ist ein Abstieg des Einen in die Welt der Vielen, eine Bewegung, welche die Welt der Vielen eigentlich erschafft und sie mit seiner Segenskraft erfüllt: Geist als der Welt immanent. Die andere Bewegung ist die Rückkehr aus der Vielheit und der Aufstieg zum Einen: Geist als der Welt transzendent. Während jedoch Platon von beiden Bewegungen sprach, hat sich die Geschichte der abendländischen Zivilisation zu einem Kampf zwischen diesen beiden Bewegungen entwickelt, zwischen denen, die nur in »dieser Welt« der Vielheit Ieben mochten, und denen, die nur in »jener Welt« der transzendenten Einheit leben mochten – hier wie dort ein höchst unheilvolles Vergessen des einigenden Herzens, des unaussprechlichen Wortes, in dem beide, Aufstieg und Abstieg, Platz haben und der Geist als die Vielheit transzendierend und umfangend erkannt wird. Bei Platon wird beiden Bewegungen gleiche Bedeutung beigemessen, weil beide im unaussprechlichen, durch »Sichhineinleben« plötzlich aufleuchtenden Einen gründen. Gerät dieses Eine jedoch in Vergessenheit, so werden die beiden Bewegungen zu unvereinbarcn Gegensätzen, und dann haben wir auf der einen Seite die asketischen, repressiven und puritanischen »Aufsteiger«, die bereit sind, das Diesseits (von Natur, Körper und Sinnen) irgendeiner Vorstellung eines Jenseits aufzuopfern; auf der anderen die »Absteiger«, die sich an Schatten heften, Troglodyten, die in der Welt der Zeit nach dem Zeitlosen stöbern und bei dem Bemühen, das Endliche zum unendlichen Wert zu machen, ihr Diesseits so schaurig cntstellen, wie es die Aufsteiger tun – eben weil sie dem Diesseits ctwas abzupressen versuchen, was es niemals hergeben kann: Erlösung. Aufsteiger verneinen die Schöpfung, Absteiger sehen nichts andercs als diese Schöpfung: Das sind die beiden Hauptformen gebrochener Fußnoten, die im Westen seit zweitausend Jahren umgehen und mit denen der Westen (aber nicht nur der Westen) seine lnitialen so roh und so tief ins unschuldige Angesicht von Himmel und Erde geschnitten hat.

Zitat aus: Ken Wilber: Ken Wilber: Eros Kosmos Logos – Eine Vision an der Schwelle zum nächsten Jahrtausend. 1996 Wolfgang Krüger Verlag, Frankfurt a. M.

Über Fidelio

Ich bin 1949 geboren und war in meiner berufstätigen Zeit als Stadtplaner in einer mittelgroßen kommune tätig. Seit meiner Studienzeit habe ich mich für die Entwicklung eines erweiterten geistigen Horizonts interessiert und einige Anstrengungen unternommen, mich persönlich in diesem Sinne zu entwickeln. Aufgrund meiner katholischen Erziehung habe ich in den 1960-er Jahren begonnen, mich intensiver mit dem modernen Mystiker Teilhard de Chardin zu befassen und bin so zur Gedankenwelt von Ken Wilber gekommen, die ich in diesem Projekt nutzbar zu machen versuche.
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