Deutschland im Aufruhr und Gerechtigkeit

Wie der Titel dieses Beitrags erwarten lässt, soll es hier um eine Deutung der Beweggründe für die Proteste in der deutschen Gesellschaft auf die komplexe Krisensituation in Deutschland, Europa und der Welt gehen. Die zeitliche Überlagerung deutschlandweiter Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und Streichungen von Steuervergünstigungen für die Landwirtschaft sowie ein Streik der Lokführer hat zu einer weitgehenden Lähmung gewohnter Abläufe im täglichen Leben der Bevölkerung geführt und eine für Deutschland ungewohnte politische Situation geschaffen, die nicht mehr durch die regierenden Parteien und ihre Regierungen ignoriert werden können. In der Auseinandersetzung der Demonstrierenden mit führenden Politikern sind in einem bisher nicht gekannten Ausmaß öffentliche Widerstände gegen konkrete Vorhaben der Bundesregierung sichtbar geworden, die teilweise die Grenze der Gewaltanwendung gegen Personen überschritten. Dabei sind insbesondere die auf Bundesebene mitregierenden Parteien FDP und Bünis 90/Grüne in den Fokus geraten. Eine von der FDP durchgeführte Mitgliederbefragung ergab nur noch schwache Zustimmung ihrer Mitglieder zu einer Fortsetzung der Ampelkoalition auf Bundesebene – 47% der Mitglieder bfürworteten ein Ausscheiden der FDP aus der Bundesregierung.

In den Protestkundgebungen wurde jedoch sichtbar, dass die unterschiedlichen Einzelinteressen der beteiligten Gruppen durch das übergreifende Interesse an der Erhaltung der Demokratie in Deutschland geeint werden. Auslöser dieser sehr allgemein gehaltenen Zielsetzung waren Berichte über ein Treffen rechtsgerichteter politischer Aktivisten aus dem weltanschaulichen Umfeld des österreichischen Vordenkers der identitären Bewegung, Martin Sellner, in Potsdam. Es hat für die thematische Beherrschung der Medienlandschaft gesorgt und deutlich werden lassen, dass die Verbreitung rassistischen und völkischen Gedankenguts neben den als rechtsgerichtet anzusehenden Parteien AfD, „Die Heimat“ (früher NPD) und die in Gründung befindliche Partei des ehemaligen CDU-Politikers Hans-Georg Maaßen (bis dahin „Werteunion e.V.„) auch in andere Parteien hineinreicht. Weiterlesen

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Biblisches Israel und deutsche Charaktere (III)

Dieser dritte Teil des Beitrags über die deutschen Charaktere mit dem Fokus auf die maßgeblichen PolitikerInnen wird die Darstellung der Ränder des politischen Spektrums – die in Teil II mit dem Enneagramm-Typ 5 begonnen wurde – fortsetzen. Zur besseren Übersicht möchte ich zunächst eine Passage aus jenem Beitrag wiedergeben: Weiterlesen

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Biblisches Israel und deutsche Charaktere (II)

Vorbemerkungen zur aktuellen politischen Weltsituation

Mit diesem Beitrag knüpfe ich an den ersten Beitrag zu diesem Thema an. Seit der Veröffentlichung des Beitags im Dezember 2023 hat sich die politische und wirtschaftliche Situation in ihren Grundzügen nicht verändert. Noch immer ist Krieg in der Ukraine, noch immer wütet Israel im Gazastreifen und im eigenen Land und die politischen Entwicklungen in Deutschland, Russland und den USA geben wenig Anlass zu Hoffnungen auf Entspannung. Das Gegenteil ist der Fall. In Deutschland sind aufgrund des Urteils vom Bundesverfassungsgericht Verteilungskämpfe ausgebrochen, die unter anderem zur Lahmlegung des Schienenverkehrs geführt haben und die Bauern mit ihren Traktoren massenhaft auf die Straße gebracht haben. In Israel weigern sich immer mehr junge Menschen, gegen Zivilisten in den Krieg zu ziehen und die Gefahr einer zweiten Front an der Grenze zum Libanon wächst. Aktuell wird diese Gefahr durch die Angriffe der im Jemen operierenden Huthi-Rebellen auf den internationale Seeschifffahrt und deren Folgen für den Warenverkehr von und nach Europa sowie die militärischen Antworten darauf durch westliche Staaten stark gefördert. In der Ukraine zeichnet sich der Mangel an Waffen zur Abwehr russischer Angriffe immer mehr ab und die Möglichkeiten – aber auch die Bereitschaft – der NATO-Staaten zur Lieferung nehmen ab, je intensiver der Wahlkampf zur Präsidentschaftswahlwahl in den USA geführt wird. Durch die Präsidentenwahl am 13. Januar 2024, bei der William Lai zum neuen Präsidenten gewählt wurde, droht eine weitere Zuspitzung des Taiwan-Konflikts mit der Volksrepublik China.

Die fortlaufende Aktualisierung der Weltsituation an dieser Stelle erfüllt einen doppelten Sinn: Sie macht deutlich, dass die Welt im Umbruch ist und sie trägt zu der Erkenntnis bei, dass die Dynamik dieser Entwicklungen ein Ergebnis demokratischer Prozesse ist, die auch jene Länder erfassen, die sich für einen autoritären oder autoritativen Politikstil entschlossen haben.

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Biblisches Israel und Deutsche Charaktere (I)

Zur politischen Situation in Deutschland

Als ich diesen Beitrag begann stand ich noch unter dem Eindruck, den die Regierungserklärung des Bundeskanzlers am 28.11.2023 hinterließ. In der Sitzung des Bundestages erläuterte Olaf Scholz (SPD) seine Interpretation des Verfassungsgerichts-Urteils zur Nichtigkeit des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes des Jahres 2021. Die anschließende Debatte im Bundestag dauerte etwa zwei Stunden und wurde von den Abgeordneten der verschiedenen Fraktionen lebhaft diskutiert.

Scholz verteidigte die Entscheidung der Bundesregierung, im Jahr 2021 einen Nachtragshaushalt mit einer Neuverschuldung von 60 Milliarden Euro zu verabschieden, um die Folgen der Corona-Pandemie abzufedern. Er sagte, dass dies eine notwendige und verantwortungsvolle Maßnahme gewesen sei, um die Wirtschaft zu stabilisieren und die soziale Sicherheit zu gewährleisten. Er kritisierte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das den Nachtragshaushalt für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärte, als falsch und stellte dem das Recht des Parlaments zur politischen Gestaltung gegenüber.. Er warf dem Gericht vor, damit die Handlungsfähigkeit des Staates zu untergraben und die demokratische Legitimation des Parlaments zu ignorieren.

 Im Hinblick auf den Haushalt 2024 hob er drei Schwerpunkte hervor, die das Handeln der Ampelkoalition bestimmen: Investitionen in die Zukunft, sozialer Zusammenhalt und Klimaschutz. Er kündigte an, die Bundesregierung werde das Urteil des Verfassungsgerichts  bezüglich der Finanzierung der hierfür vorgesehenen Maßnahmen respektieren und nach Lösungen suchen, die dem finanzpolitischen Ziel der Schwarzen Null entsprechen und die Regeln der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse einhalten. .

In diesem Zusammenhang forderte Scholz die Opposition auf, die Haushaltspolitik der Bundesregierung zu unterstützen und nicht zu blockieren. Er warf der CDU/CSU vor, eine rückwärtsgewandte und unsoziale Politik zu verfolgen, die die öffentlichen Investitionen kürzen, die Steuern für Reiche senken und die Sozialleistungen für Arme streichen wolle.

Die Oppositionsparteien reagierten mit scharfer Kritik auf die Regierungserklärung von Scholz. Die CDU/CSU warf ihm vor, die Haushaltsdisziplin aufzugeben, die Staatsverschuldung zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu gefährden. Es wurde jedoch auch von der Opposition eine zeitgemäße Anpassung der Schuldenbremse – nicht zuletzt, weil auch die CDU-regierten Bundesländer wegen ihr mit Schattenhaushalten regieren – für sinnvoll erachtet.

Die Debatte wurde von der Erwartung bestimmt, von der Bundesregierung ein revidiertes Konzept der Ampelkoalition vorgelegt zu bekommen, in dem die Spielräume der politischen Gestaltung den Erfordernissen der Haushaltsdisziplin – wie sie sich aus der nun aufgrund des Urteils  entstehenden Finanzierungslücke von ca. 30 Milliarden Euro darstellen – in den einzelnen Ressorts angepasst werden. Hierzu wurden aus den Fraktionen entsprechend ihrer jeweiligen politischen Grundausrichtungen gegensätzliche Kurskorrekturen gefordert, denen gemeinsam ist, dass die Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels stark reduziert bzw. in die Zukunft verschoben würden. Damit wurde die von „konservativer“ wie auch von linker Seite betriebene Frontstellung zur Politik von Bündnis 90/Grüne hier in Form einer Politik der Sachzwänge umgesetzt.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts verdeutlicht in drastischer Weise die sich zuspitzende politische Lage im größeren Masstab Europas und darüber hinaus der globalen Zusammenhänge. Neben den weltweiten Migrationsprozessen im Zusammenwirken mit zunehmender Verstädterung, Kriegen und Klimakatastrophen sind selbst wirtschaftlich starke Staaten wie Deutschland – gern wird auf Deutschland als viertgrößte Volkswirtschaft verwiesen – nicht in der Lage, die hieraus entstehenden regionalen Folgen innerhalb von Staatsgrenzen zu handhaben. Dabei steht sich die wirtschaftlich-politische Klasse mit ihrer Betonung moralischer Standards selbst im Weg, da die Einhaltung dieser Standards allein oder sogar überhaupt nicht in der Macht Deutschlands liegt. Das führt dazu, dass Deutschland auf internationaler Ebene an Einfluss verliert bzw. alte Vorurteile bestätigt. (Am deutschen Wesen soll die Welt genesen).

Intwischen hat auch die Partei des Kanzlers den von Scholz eingeschlagenen Kurs auf dem SPD-Parteitag vom 08.12.23 bis 10.12.23  bestätigt und insbesondere den vom Koalitionspartner FDP und der Opposition formulierten Angriffen auf den Sozialstaat eine deutliche Abfuhr erteilt. Dennoch bleibt eine große Ungewissheit über die mit Deutschland vernüpften menschlichen Schicksale zurück.

Die Wochenzeitung „Die Zeit“ beschreibt in ihrer Ausgabe 54/2023 die Lage der Ampelkoalition zur Halbzeit der  Legislaturperiode in einem Satz:“Mit immer größerem Aufwand werden immer kleinere Ergebnisse produziert, die immer schwerer zu vermitteln sind und zu immer geringerer Zustimmung führen„. Dem kann ich nur beipflichten. Doch wer schreibt der Regierung die Alternativen und wer hat den ungetrübten Blick auf die Vergangenheit und die Sehnsucht nach einer Zukunft, die für jeden verpflichtend ist? Die gerade zu Ende gegangene UN-Klimakonferenz in Dubai 2023 gibt hierzu nur sehr wenig Hoffnung.

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Frieden ist möglich!

Am 24. Oktober 1648 wurde der Westfälische Frieden in den Städten Münster und Osnabrück geschlossen. In Osnabrück verhandelten die Protestanten, geführt von ihrer protestantischen Führungsmacht Schweden, mit dem Kaiser und dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. In Münster konferierte das Reich mit den Katholiken, also den Franzosen und Spaniern, dazu kamen die Gesandten der Niederlande, die speziell mit den Spaniern zu tun hatten.

In diesen Tagen wird an dieses Ereignis nach 375 Jahren in einer Zeit gedacht, in der Trost über gewalttätige Ereignisse vielfacher Art dringender denn je benötigt wird und es stellt sich die Frage, ob dieser Friedensschluss für die aktuellen Kriege in der Ukraine und Israel/Palästina Lehren beinhaltet, die in den gegenwärtigen Krisen hilfreich sein können. Hierzu hat die Historikerin Sigrid Westphal in einem Interview mit der Zeitschrift Publik-Forum Stellung genommen.

Zunächst weist sie darauf hin, dass es sich bei dem Krieg, der ganz Europa in Mitleidenschaft zog um eine sehr komplexe Gemengelage handelte, die nur mit vielen Verhandlungen entwirrt werden konnte und sich über fünf Jahre hinzog. Davon dienten allein zwei Jahre dazu, die Rahmenbedingungen für die Verhandlungen zu schaffen. Wie später bei dem Wiener Kongress – „der Kongress tanzt“ – zur Neuordnung Europas nach den Koalitionskriegen spielten auch hier die Bedingungen des Aufenthalts an den Verhandlungsorten eine große Rolle. Westphal vermutet, dass man aus Erschöpfung schließlich die Flucht zu ernsten Gesprächen gesucht habe. Weitere Grundbedingungen waren

  • nicht alles auf einmal verhandeln,
  • den Waffenstillstand nicht zur Vorbedingung für Verhandlungen machen,
  • die Wahrung des Gesichts ermöglichen,
  • die Ehre der Verhandlungspartner bewahren.

Diese Verhaltensregeln haben im konkreten Fall zur Entwicklung von Vertrauensverhältnissen geführt, die es ermöglichten, dass die Verhandlungsparteien auf die jeweiligen Gegenüber eingingen. Dabei war es hilfreich, ergebnisoffen zu verhandeln und sich nicht sklavisch an die anfänglichen Ziele zu halten. Besonders wichtig sei in diesen Gesprächen die Übersetzung der Denkhaltungen der Verhandlungspartner in metaphorische Begriffe wie „gerechter Friede„, „Souveränität„, „Schmach“ und – vor allem – „Ehre“ gewesen. Letztlich habe die Kenntnis der Wertehaltungen dieses ermöglicht.

Trotzdem kann das Verhandlungsklima – nicht zuletzt wegen der fortdauernden Kampfhandlungen – nicht als harmonisch bezeichnet werden, sondern eher als von Erpressungen gekennzeichnet. Das es trotzdem nicht zum Scheitern der Verhandlungen gekommen ist, kann vermutlich damit erklärt werden, dass die fortgesetzten Kampfhandlungen und die Auflösung der Komplexität in Teillösungen auch die Verhandlungen in Gang gehalten haben.

In der damaligen Zeit war es ein besonders hilfreiches Ergebnis von Friedensverhandlungen, Verzichtserklärungen bezüglich der Regulierung von Kriegsfolgen abzugeben. Diese gegenseitigen Verzichte sollten späteren Rachegelüsten und Rechtsansprüchen vorbeugen und sind heute durch ein neues Verständnis vom Umgang mit Kriegsverbrechen und Reparationsleistungen gegenstandslos geworden.

Trotz dieser Erfahrungen und Fortschritte in der Bewältigung des Krieges sind gegenwärtig mehr denn je Friedenswille und die Wahrung grundlegender Interessen vermeintlicher oder offensichtlicher Kriegsschuldner übergeordnete Bedingungen für eine dauerhafte Beendigung der Kampfhandlungen. Hieran hat es bei der vertraglichen Bewältigung des ersten Weltkriegs, den Friedensgesprächen zur Beilegung des Nahostkonflikts und der Minsker Protokolle von 2014  gefehlt. Solcher Art Friedensvereinbarungen kommen oft unter Einfluss übermächtiger „Vermittler“ oder nach Zerstörung der Existenzgrundlagen von Staaten durch die Sieger zustande und können als Diktatfrieden bezeichnet werden.

Im folgenden Abschnitten werde ich auf den gegenwärtigen Konflikt in Israel näher eingehen. Weiterlesen

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